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In den vergangenen vier Wochen erlebte ich einige sehr unangenehme Situationen. Jede einzeln für sich genommen war lehrreich. Alle zusammen betrachtet führten zu einer großartigen, wuchtigen Erkenntnis. Ich bin ein gutes Stück gewachsen und habe einen riesigen Schritt auf meinem Weg zu friedvoller Elternschaft gemacht.

Was passiert ist, welche Erkenntnisse ich hatte und welche Rolle mein Empathie-Engel dabei spielt, davon berichte ich in den kommenden drei Wochen.

Teil 1: Verunglückte Kommunikation und Selbstverantwortung

Wovon du heute liest:

  • 16 Ursachen für einen verunglückten Dialog.
  • 4 Erkenntnisse, was zu gelingender Kommunikation beitragen kann.
  • Was ich tun kann, um Verantwortung für mich selbst zu übernehmen.

Neulich im SMS-Chat:

Ich: Hi, R. hat sich heute Nachmittag mit S. verabredet. Passt 15:30 Uhr bei uns?
Mama von S: Hi Verena, ich weiß nicht genau, wie der Bus fährt, aber so gegen 15:30 Uhr passt.
Ich: Alles klar!
Mama von S: Oh nee, Kommando zurück. Heute geht leider doch nicht. Nächste Woche aber gerne.
Ich: R. fragt ganz enttäuscht „Warum nicht?“
Mama von S: Du Verena, ganz ehrlich weil es einfach nicht geht!

Beim Lesen dieses „Du Verena, ganz ehrlich weil es einfach nicht geht“ merkte ich, wie sich Ärger in meiner Magengrube ausbreitete. Ich mag keine „weil es eben so ist“-Antworten.

Meine Tochter R. war bitter enttäuscht, sie hatte sich nach acht Wochen Corona-Isolation so auf ein Wiedersehen mit ihrer besten Freundin gefreut, und nun kam eine Absage, die sie nicht nachvollziehen konnte. Sie schimpfte lautstark auf die andere Mutter, äußerte sogar die Vermutung, dass der anderen Mutter die Freundschaft zwischen den Mädels nicht recht sei…. Weinte schließlich und verzog sich mit „ach lasst mich doch alle in Ruhe, ihr Erwachsene seid alle so doof!“ auf ihr Zimmer.

Es grummelte in mir und ich wurde zunehmend wütend.

Es ging dann noch ein bisschen weiter in dem Chat: ich versuchte es mit Empathie und bemühte mich, die Gründe herauszufinden, indem ich der Mama von S. erläuterte, warum es mir so wichtig ist, ihre Gründe zu erfahren. Sie reagierte darauf nicht sehr erfreut:

Mama von S: Liebe Verena. Ja, ich bin genervt. Wenn ich etwas gegen die Freundschaft hätte, hätte ich es nicht auf nächste Woche verschoben. Ich würde mir wünschen, wenn du ja richtigerweise erkannt hast, dass ich genervt bin, dass ich mich nicht rechtfertigen muss. Die Sorge, ich hätte etwas gegen die Freundschaft, kannst Du R. bitte nehmen. Die Absage hat private Gründe, die ich hier auf gar keinen Fall erklären möchte und werde.

Was war da schiefgelaufen?

Als das Thema Verabredung für die Folgewoche geklärt war, konnte ich mich wieder entspannen. Ich fragte mich, was genau da eigentlich schiefgelaufen war. Ich habe mir den SMS-Verlauf genauer angeschaut und mich mit meiner GFK-Übungsgruppe dazu ausgetauscht. Für Außenstehende mag der Fall sonnenklar sein, ich war irgendwie blind für das Naheliegende, deshalb traf mich die Erkenntnis dann aus heiterem Himmel. Die Essenz möchte ich gerne hier mit dir teilen.

A: Fallstricke in der Formulierung

1. Abgabe von Verantwortung

Es ist eigentlich ganz einfach:
Ich schrieb „R. fragt enttäuscht ,Warum nicht?’“ – und damit gab ich (unbewusst) die Verantwortung für die Gefühle meiner Tochter ab an die Mama von S.

Dem Anderen die Verantwortung für meine oder für die Gefühle Dritter zu geben, führt in aller Regel zu einer intuitiven Abwehrreaktion meines Gegenübers. Vielleicht auch „nur“ zu Irritation. In jedem Fall erschwert diese Art der Verantwortungsabgabe die Verbindung und die weitere Kommunikation.

Auf das Gefühlswort hätte ich auch verzichten können (was vermutlich auch nichts an der Wirkung und Reaktion geändert hätte, wie die nächsten Punkte zeigen werden).

2. Mitschwingender Vorwurf

Enttäuscht ist grundsätzlich ein schwieriges Gefühlswort. Oft kommt bei „ich bin enttäuscht“ ein „du hast mich enttäuscht“ beim anderen an. Ein Vorwurf also. Hört der andere von mir einen Vorwurf, ist die intuitive Reaktion ebenfalls Abwehr, zum Beispiel in Form einer Rechtfertigung. Die Verbindung reißt in aller Regel hier ab.

3. Stellvertreterkommunikation

Au weia, unbewusst hat sich da eine sehr subtile Form der manipulativen Kommunikation eingeschlichen: ich habe einen Stellvertreter gewählt, anstatt eine persönliche Ich-Botschaft auszusenden. Meine Tochter mag ja enttäuscht gewesen sein – ich selbst war es mindestens genauso. Ich schrieb jedoch nicht „Ich bin enttäuscht“ oder „ich bin traurig“ oder „damit geht es mir nicht gut“. Ich schrieb von meiner Tochter.

Wie eine aufrichtige Ich-Botschaft hätte lauten können (und warum auch das nicht sinnvoll gewesen wäre) schreibe ich unten.

4. In der Beobachtung enthaltene Bewertung

Ich schaue liebevoll auf meine eigene Absicht und erinnere mich, dass ich mich bemüht hatte, eine Beobachtung mitzuteilen. Ich schrieb „R. fragt enttäuscht ,Warum nicht?“. Ich wählte sogar die wörtliche Rede. Allerdings ist dies keine bewertungsfreie Beobachtung, denn es hat sich das Wörtchen „enttäuscht“ eingeschlichen. Dies ist, genaugenommen, eine Interpretation des Verhaltens meiner Tochter. Wenn meine Tochter gesagt hätte „Mama, ich bin enttäuscht“, dann wäre die bewertungsfreie Beobachtung gewesen „R. sagt, sie ist enttäuscht“ (wäre auch nicht hilfreich gewesen – siehe 2). Die bewertungsfreie Beobachtung ohne Gefühlswort wäre gewesen: „R. fragt, „warum nicht?“ (Schwierig – siehe 3.)

5. Das Wörtchen „Warum“ impliziert „falsch“

Auch wenn ich hier Detailklauberei betreibe: das Wörtchen „warum“ ist ebenfalls grundsätzlich schwierig. Eigentlich immer, und insbesondere, wenn mein Gegenüber Anlass hat zu vermuten, dass ich ihm in einer vorwurfsvollen oder bewertenden Haltung entgegentrete, drängt das Wort „Warum“ ihn in die Rechtfertigung. Bei „Warum“ sind wir Menschen angepiekst; bei uns kommt an, dass das, was wir tun, nicht okay ist. Es geht bei „Warum?“ oft genug nicht darum, die Gründe des anderen zu erfahren, sondern es kommt eher daher wie „wie konntest du nur…! Du hättest wissen müssen, dass…“.

Bin ich in einer Haltung von „richtig“ und „falsch“, wirkt sich das hemmend auf die Kommunikation aus. Ganz besonders im Umgang mit Kindern.

6. Unvollständige 4 Schritte

Nun sagte ich bereits, dass ich mich vermutlich um einen aufrichtigen Selbstausdruck im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation bemühte. In meinen Einführungsseminaren warne ich die Teilnehmenden gerne: Versucht es nicht mit der Aufrichtigkeit, solange ihr nicht alle 4 Schritte der GFK kennt. Ein Selbstausdruck ohne Bitte klingt meistens wie ein Vorwurf und überträgt dem anderen die volle Verantwortung für unser eigenes Wohlbefinden.

Tja, was soll ich sagen?

Wenn ich als Beobachtung schreibe „R. fragt ,warum nicht?'“ fehlen noch das Gefühl, das Bedürfnis und die Bitte. Ich sage heute: Kein Wunder, dass die Mama von S. einen Vorwurf von mir „hörte“, sich zur Rechtfertigung genötigt sah und mit Abwehr reagierte!

Zwischenfazit A: Die Bewusstheit für die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation und Achtsamkeit bei der Wortwahl können helfen, Störfaktoren in der Kommunikation zu vermeiden.

B: Fehlende Aufrichtigkeit (mir selbst gegenüber)

Ein zweites Problem bei dieser Konversation war die fehlende Aufrichtigkeit meinerseits. Es war in Wahrheit MEIN Problem, nicht das meiner Tochter. Oben schrieb ich, dass die Formulierung „R. ist enttäuscht“ eine Stellvertreterkommunikation ist. Statt „R. ist enttäuscht“ hätte es heißen können „Ich bin enttäuscht“. Dann hätte ich von mir gesprochen und nicht stellvertretend für meine Tochter.

Das wäre wohl der ehrlichere Weg gewesen, denn in Wirklichkeit ging es bei dem ganzen SMS-Chat ja gar nicht um meine Tochter und deren Gefühle. Indem ich bei der Mutter von S. den Grund für die Absage erfragte, versuchte ich, MIR SELBST ein Bedürfnis zu erfüllen.

Ich fragte „warum“ und man könnte meinen, dass es mir hier um Klarheit und Verstehen ging.

7. Das genannte Gefühl ist nicht meines

Aber wäre es korrekt gewesen zu schreiben „Ich bin enttäuscht“? Nein, denn Enttäuschung war tatsächlich das Gefühl meiner Tochter, nicht meines. Ich selbst war gar nicht enttäuscht. Bei näherem Hinsehen (wohlgemerkt: im Nachhinein, und mit Unterstützung der Übungsgruppe…) wäre folgendes ehrlich gewesen:

Angesichts der Reaktion meiner Tochter auf die überraschende Absage fühlte ich mich zunächst hilflos. Ich konnte ihre Gefühle nur schwer aushalten, sie so zu sehen schmerzte mich. Indem ich mich an die Mutter wandte mit der Frage „warum“ versuchte ich, aus meinem eigenen Schmerz zu kommen.

In den Gedanken festhängen – ein Flipchart von Verena

8. Das „wahre“ Gefühl blieb unerkannt. Das „wahre“ Bedürfnis auch

Neben Ohnmacht und Hilflosigkeit waren da jedoch auch noch andere Gefühle (siehe 9.). Bei einem Gefühl von Hilflosigkeit mag die Erfüllung der Bedürfnisse „Klarheit und Verstehen“ hilfreich sein. Die anderen Gefühle jedoch sind es, die mich zu meinem eigentlichen Anliegen hätten führen können und die mir den Hinweis darauf hätten geben können, was ICH tatsächlich in jenem Moment gebraucht hätte. Hätte ich da schon erkannt, was mein eigentliches Bedürfnis ist, hätte ich eine andere Strategie gewählt. Und nicht „Warum?“ gefragt…

9. Der Wolf in mir: Interpretationen, Gedanken und moralische Urteile

Was war also bei mir los?
Ich hatte Gedanken und Urteile im Kopf. Diese lösten derart unangenehme Gefühle in mir aus, dass ich „aus der Verbindung flog“ und auf Autopilot umschaltete – also auf gut antrainierte Muster zurückgriff, wie Vorwurf, Ablenkung – oder eben generell Verantwortungsabgabe…

Wie lauteten die Gedanken?
Ich dachte (basierend auf früheren Erfahrungen mit dieser und anderen Familien), dass wahrscheinlich etwas zwischen Mutter und Tochter vorgefallen sein musste. Was dann dazu geführt hatte, dass die Mutter die Tochter „bestrafte“ – indem sie ihr die ersehnte Verabredung vorenthielt. Ich hatte ein moralisches Urteil über die Mutter im Kopf. Denn ich mag Strafen generell nicht. Und gerade diese Art von Strafe finde ich besonders verwerflich, weil sie sich auch auf andere, in diesem Fall meine Tochter und mich, auswirkt.

Eine Annahme, von der ich nicht weiß, ob sie zutrifft, ein moralisches Urteil und ein Vorwurf. Das sind schon einige schwerwiegend Zutaten für einen eher unbekömmlichen Kommunikationssalat.

Welcher Gedanke hier auch noch hinderlich ist: Dass die Mutter des anderen Mädchens „schuld“ ist an der Enttäuschung meiner Tochter und dass es „voll ungerecht“ ist, dass ich jetzt „das Ganze ausbaden“ muss. So heulte nämlich mein Wolf.

Merke: solange der Wolf heult, bin ich nicht gut mit mir selbst verbunden. Dann kann ich auch nicht in eine wertschätzende und aufrichtige Verbindung mit anderen Menschen kommen.

Zwischenfazit B: Wertschätzende Kommunikation braucht ehrliche Ich-Botschaften und Klarheit über Gedanken und Urteile.

C: Mangelnde Empathiefähigkeit

10. Fehlende Voraussetzung für Empathie

Wenn ich mir den weiteren SMS-Verlauf anschaue, dann sehe ich sowohl Versuche, mich aufrichtig auszudrücken („Ich fühle mich hilflos, wenn ich die Enttäuschung meiner Tochter begleiten möchte und nicht mehr Informationen zur Erklärung geben kann.“) als auch Versuche, der Mama von S. empathisch zu begegnen („Bist Du genervt, weil Du auch einfach mal ,geht nicht‘ sagen möchtest, ohne Dich erklären zu müssen?“).

Ich habe mich gefragt: „Warum hat das mit der Empathie nicht funktioniert?“ – Na: weil Empathie nicht „funktioniert“…

11. Lehrbuchempathie – fehlende Authentizität

Ich stelle beim Lesen des Chatverlaufs fest, dass ich versucht habe, lehrbuchmäßig Empathie auszudrücken. Ich versuchte, die Gefühle und Bedürfnisse der befreundeten Mutter in passende Worte zu fassen und griff auf Formulierungen zurück, die ich „erlernt“, die ich antrainiert habe. In GFK-Seminaren und Übungsgruppen klappt das ganz gut, weil wir dort alle Lernende und Übende sind. Und weil wir schon so etwas wie „GFK-Sprech“ verinnerlicht haben. Wenn wir Menschen außerhalb der Seminarräume begegnen ist es für die Kommunikation jedoch hilfreich, authentisch und umgangssprachlich kommunizieren zu können.

Der Versuch, Empathie „in Worten vorbildlich auszudrücken“, kann beim anderen sogar als versteckter Vorwurf oder als Manipulationsversuch ankommen.

12. Mitgefühl statt echter Empathie

Was die befreundete Mama in der SMS schrieb, klang nach einer herausfordernden Situation und einer großen Sehnsucht nach Leichtigkeit, Autonomie und Ruhe. Ich konnte das, trotz meines Ärgers und meiner Hilflosigkeit, durchaus fühlen – ich hatte echtes Mitgefühl mit ihr.

Mitgefühl nicht aber nicht dasselbe wie Empathie… Auch deshalb ging mein Versuch, Empathie auszudrücken, in die Hose.

13. Eine andere Absicht

Zu guter Letzt glaube ich, dass ich mich auf beliebige Art hätte ausdrücken können – es wäre mir nicht gelungen, mit der Mutter eine wertschätzende Verbindung aufzubauen. Denn ich handelte in der Absicht, meine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

Wenn ich „Empathie gebe“, wie man in GFK-Kreisen so schön sagt, dann tue ich das mit einer einzigen Absicht: um mit dem anderen in Verbindung zu kommen und ihm mein ganzes Selbst, meine ganze Energie zur Verfügung zu stellen. Empathie wird auch manchmal mit „absichtslosem Zuhören“ umschrieben.

Ganz klar: ich stellte der Mutter eine Frage („Warum“) – nicht um ihr absichtslos zuzuhören, sondern um meine unangenehmen Gefühle loszuwerden. Das ist nicht Empathie.

14. Falscher Zeitpunkt für „empathisches Abholen“ als Türöffner für Aufrichtigkeit

Wenn ich mir mein Handeln nach Lehrbuch anschaue, dann wollte ich möglicherweise die Mama von S. „empathisch abholen“. In GFK-Seminaren üben wir, mit dem „empathischen Abholen“ („bist du genervt, weil du dir wünschst dass….?“) die Tür zu einem verbindenden Dialog zu öffnen. Ich nehme im Nachhinein an, dass ich mir erhoffte, die Mama wäre nach einer empathischen Vermutung eher bereit, meinen aufrichtigen Selbstausdruck ohne Vorwurf zu hören, also meine Bedürfnisse zu sehen und zu deren Erfüllung beizutragen. Oft ist das ein sehr hilfreiches Vorgehen.

Unter zwei Voraussetzungen:

  1. Es ist authentisch. Mit der Absicht, in Verbindung zu kommen, ohne manipulieren zu wollen.
  2. Der andere ist nicht in Not.

Ich vernachlässigte im Chat mit der befreundeten Mama die Tatsache, dass ganz offensichtlich sie gerade in Not war.

Zwischenfazit C: Empathie ist eine Kunst, die man durchaus erlernen und doch nicht „anwenden“ kann. Empathie schafft nur Verbindung, wenn sie absichtslos und im Herzen ist.

D: Verunglückte Selbstklärung

Die Mutter von S war gerade in Not und hätte gar nicht zur Erfüllung meiner Bedürfnisse beitragen können. Das habe ich nun erkannt. Und selbst wenn sie dazu in der Lage gewesen wäre und gewollt hätte: es wäre ihr nicht möglich gewesen. Denn ich selbst wusste ja nicht einmal, worum es mir tatsächlich ging!

15. Mangelndes Bewusstsein über fehlende Verbindung zu sich selbst

Ich fragte eingangs: was ging schief in dieser ganzen Kommunikation? Ich sprach nicht von mir, sondern schob meine Tochter vor. Ich nannte Gefühle und Bedürfnisse, die nicht meine waren beziehungsweise nicht diejenigen, die hier eigentlich wichtig waren.

Mein Wolf heulte.

Aber das alles scheint mir nicht das Hauptproblem zu sein. Was ich als vorrangiges Problem identifiziere ist: Das alles war mir lange gar nicht bewusst!

Ich glaubte tatsächlich, das „passende“ Gefühl zu nennen, das „wahre“ Bedürfnis zu benennen, die „richtige“ Strategie zu wählen. Ich glaubte tatsächlich, empathisch zu sein.

Erst als ich merkte, dass die Kommunikation nicht so läuft, wie ich es erhofft und erwartet hatte, und meinen Ärger und den heulenden Wolf in mir erkannte, da wurde mir bewusst, dass mir die Verbindung zu mir selbst fehlt und ich deshalb weder in der Lage bin, empathisch zu sein, noch mich aufrichtig mitzuteilen, noch überhaupt in Verbindung mit ihr zu kommen.

Irgendwann im Verlauf des Chats merkte ich schließlich, dass ich Selbstklärung brauche.

Eine vorangegangene Selbstklärung entscheidet oft über den Erfolg der Kommunikation

16. Unpassender Adressat

Was tat ich also? Ich führte eine Selbstklärung durch. Und zwar im Chat. Mit der Mutter, die selbst ebenfalls gerade in Not war. Ich habe im Laufe des Schreibens an die Mutter meine Gefühle identifiziert, meine Bedürfnisse aufgespürt und mein Anliegen formuliert. – Schreiben zur Selbstklärung. Eine von mir bevorzugte Strategie der Verarbeitung offener Gedanken.

Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass die befreundete Mutter in jenem Moment ein unpassender Adressat meiner Ausführungen war, da sie direkt betroffen und zudem der Auslöser meiner Gefühle war. Es hatte keine schlimmen Folgen für unsere Beziehung zueinander – hilfreich war es aber auch nicht.

Zwischenfazit D: Ein kritischer Erfolgsfaktor für gelingende Kommunikation in herausfordernden Momenten ist das Bewusstsein und die Klarheit über die eigene Bedürfnislage. Vieles steht und fällt mit der Selbstklärung.

Bevor ich mein Gesamtfazit formuliere – und damit die Erkenntnis, die mich ereilte, als ich dieses Anliegen reflektierte, fasse ich noch einmal zusammen, was aus meiner Sicht in diesem Fall eine verbindende Kommunikation erschwerte:

A: Fallstricke in der Formulierung
1. Abgabe von Verantwortung
2. Mitschwingender Vorwurf
3. Stellvertreterkommunikation
4. In der Beobachtung enthaltene Bewertung
5. Das Wörtchen „Warum“ impliziert „falsch“
6. Unvollständige 4 Schritte

Zwischenfazit A: Die Bewusstheit für die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation und Achtsamkeit bei der Wortwahl können helfen, Störfaktoren in der Kommunikation zu vermeiden.

B: Fehlende Aufrichtigkeit (mir selbst gegenüber)
7. Das genannte Gefühl ist nicht meines
8. Das „wahre“ Gefühl blieb unerkannt => das „wahre“ Bedürfnis auch
9. Der Wolf in mir: Interpretationen, Gedanken und moralische Urteile

Zwischenfazit B: Wertschätzende Kommunikation braucht ehrliche Ich-Botschaften und Klarheit über Gedanken und Urteile.

C: Mangelnde Empathiefähigkeit
10. Fehlende Voraussetzung für Empathie
11. Lehrbuchempathie – fehlende Authentizität
12. Mitgefühl statt echter Empathie
13. Eine andere Absicht
14. Falscher Zeitpunkt für „empathisches Abholen“ als Türöffner für Aufrichtigkeit

Zwischenfazit C: Empathie ist eine Kunst, die man durchaus erlernen und doch nicht „anwenden“ kann. Empathie schafft nur Verbindung, wenn sie absichtslos und im Herzen ist.

D: Verunglückte Selbstklärung
15. Mangelndes Bewusstsein über fehlende Verbindung zu sich selbst
16. Unpassender Adressat

Zwischenfazit D: Ein kritischer Erfolgsfaktor für gelingende Kommunikation in herausfordernden Momenten ist das Bewusstsein und die Klarheit über die eigene Bedürfnislage. Vieles steht und fällt mir der Selbstklärung.

Meine Erkenntnis?

Wenn ich meine Selbstklärung mit dem Betroffenen / Beteiligten durchführe, also meine eigene Geschichte bei ihm ablade, dann gebe ich damit automatisch meine Verantwortung an ihn ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass Verbindung entsteht und wir gute Lösungen finden, die für alle passen, wird sinken.

Lessons Learned?

  1. Übernimm Verantwortung: Behalte deine Geschichte für dich!
  2. Bist du in Not? Ruf deinen Empathie-Engel an!

Wie das ist, wenn ich meinen Empathie-Engel um Hilfe bitte, und wie in den letzten Wochen Großartiges daraus entstanden ist (Kindliche Kooperation), das lest ihr in den kommenden Beiträgen.

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