Glossar

Wichtige Begriffe zum Thema Gewaltfreie Kommunikation:

Gewaltfreie Kommunikation (GFK)

Die „Gewaltfreie Kommunikation (GFK)“ ist ein Konzept, welches in den 1970er/80er Jahren vom amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg (1934-2015) entwickelt wurde.

Der Begriff „gewaltfrei“ führt oft zu Irritation. Auch Rosenberg äußerte einmal, dass er diese Begriffswahl bedauere. Allerdings hatte sich das Wort zu dem Zeitpunkt bereits so etabliert, dass Rosenberg keine Änderung mehr vornahm.

Was ist Gewalt?

Gewalt im Sinne der GFK findet dann statt, wenn wir versuchen, uns unsere eigenen Bedürfnisse zu erfüllen und dabei die Bedürfnisse anderer außer Acht lassen => Gewalt gegen andere; oder wenn wir zur Erfüllung von Bedürfnissen anderer beitragen, ohne dabei auf unsere eigenen Bedürfnisse zu achten => Gewalt gegen uns selbst.

In diesem Sinne ist unser Handeln nur dann gewaltfrei, wenn wir freiwillig und von Herzen geben und nehmen. Wenn wir niemanden gegen seinen Willen zu etwas zwingen, auch nicht uns selbst.

Nach Rosenberg beginnt Gewalt bereits im Denken und zwar immer dann, wenn wir jemanden nicht in seiner vollen Menschlichkeit sehen. Wenn wir jemanden verurteilen oder in (moralische) Schubladen stecken, wenn wir uns hinter Amtssprache verstecken, dann entfernen wir uns von dem realen Menschen. Dies umfasst auch die Gewalt gegen uns selbst.

Kurz gesagt: Es geht in der GFK um einen achtsamen und bewussten Umgang mit Sprache. Und darum, so zu sprechen, dass wir Empathie, Mitgefühl und Zusammenarbeit stärken.

Grundannahmen der GFK

Die GFK basiert auf einer wohlwollenden und wertschätzenden inneren Grundeinstellung anderen Lebewesen gegenüber. Diese innere Einstellung wird mithilfe verschiedener Grundannahmen ausgedrückt.

Einige dieser Grundannahmen lauten:

  • Alle Menschen haben dieselben Bedürfnisse.
  • Alles, was Menschen jemals tun, ist der Versuch, eigene Bedürfnisse zu befriedigen.
  • Gefühle sind der Ausdruck erfüllter oder unerfüllter Bedürfnisse.
  • Menschen tragen von Herzen gern zum Wohlergehen anderer bei, wenn sie es freiwillig tun können und die eigenen Bedürfnisse erfüllt sind.

Wer die Gewaltfreie Kommunikation in sein Leben integrieren möchte, setzt sich intensiv mit einer ganzen Reihe von Grundannahmen auseinander und überprüft im Zusammensein mit anderen stets seine eigene innere Einstellung.

Das 4-Schritte-Modell in der GFK

Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) wird gern auf ihr Dasein als Methode reduziert. Das Anwenden der Methode allein führt jedoch nicht zu Gewaltfreiheit im Sinne Rosenbergs. Ob wir in eine einfühlsame und wertschätzende Verbindung mit anderen kommen, hängt mehr von der inneren Haltung ab als am Sprachgebrauch. Die GFK ist also nicht nur, aber auch eine Methode, derer wir uns vor allem dann bedienen können, wenn wir noch unsicher sind oder die GFK gerade erst erlernen.

 

Im Zentrum von „GFK als Methode“ stehen die vier Schritte:

Schritt 1: Beobachtung – Was ist (wertfrei betrachtet) eigentlich passiert?
Schritt 2: Gefühle – Wie geht es uns mit dem, was wir wahrnehmen?
Schritt 3: Bedürfnisse – Was brauchen wir?
Schritt 4: Bitten – Welche konkreten Ideen für eine Lösung gibt es?

 

„Wenn ich sehe / Wenn ich höre [Beobachtung]… dann fühle ich mich / bin ich [Gefühl] … weil ich [Bedürfnis] brauche / weil ich mir [Bedürfnis] wünsche… ich möchte [Bitte] / bist du bereit [Bitte] zu tun?“

 

Ein Beispiel:

Beobachtung: „In deiner Mail steht, dass du um 13 Uhr hier bist. Es ist jetzt zwei Uhr, in einer halben Stunde geht die Konferenz los.“ (statt: „Du bist wie immer unpünktlich!“)

Gefühle: „Ich bin total aufgeregt und unsicher.“ (statt: „Ich wette, die Konferenz wird ein Desaster.“  oder „Ich fühle mich von dir komplett hängen gelassen.“)

Bedürfnisse: „Ich brauche Unterstützung bei der Berichterstattung zu den Zahlen. Ich habe auf diese keinen Zugriff…“ (statt: „Lass alles stehen und liegen und sei in fünf Minuten mit den Zahlen bei mir im Büro.“)

Bitte: „Kannst du während meiner Präsentation auf Zuruf die Zahlen beisteuern?“ oder „Bist du bereit im Anschluss an die Konferenz mit mir über das Thema Verlässlichkeit zu sprechen?“

Kommunikationssperren

Worum geht es?

Der amerikanische Psychologe Thomas Gordon (1918-2002) hat 1970 den Elternratgeber „Familienkonferenz“ veröffentlicht. In ihm beschreibt er eingangs eine „Sprache der Nichtannahme“. Diese ist unter anderem durch die Verwendung von typischen Entgegnungen von Eltern auf Aussagen ihrer Kinder charakterisiert. Er fasst diese Äußerungen in zwölf Kategorien zusammen: den Kommunikationssperren.

 

Was bewirken Kommunikationssperren?

Allen zwölf Kommunikationssperren ist gemeinsam, dass sie entweder die Verbindung zum Kind unterbrechen können oder verhindern, dass diese überhaupt erst zustande kommt. Die Bereitschaft des Kindes, überhaupt von seinen Problemen oder vielleicht auch Missgeschicken zu erzählen, schwindet in der Regel bei Anwendung von Kommunikationssperren. Gleiches gilt für die Bereitschaft des Kindes, seinem Gegenüber zuzuhören. Der Grund dafür liegt in einem Ungleichgewicht: Es findet keine Kommunikation auf Augenhöhe statt.

 

Die 12 Kommunikationssperren – erläutert an einem Beispiel:

Das Kind kommt aus der Schule nach Hause und sagt: „Ich hasse die Schule, ich gehe nie wieder dahin.“

 

  1. Befehlen, anleiten, kommandieren

„Das kommt überhaupt nicht in Frage! Natürlich gehst du weiter in die Schule.“

Mögliche Folgen: Kind lernt, seine Gefühle und Bedürfnisse zu unterdrücken, Furcht vor der Macht der Eltern, Widerstand und Rebellion, der Gedanke „Meine Eltern trauen mir wenig zu.“

 

  1. Warnen, ermahnen, drohen

„Wenn ich dich dabei erwische, wie du die Schule schwänzt, dann…“

Mögliche Folgen: Angst oder Unterwerfung, Groll, Ärger, Auflehnung, Kind fühlt sich abgelehnt und unverstanden

 

  1. Zureden, moralisieren, predigen

„Ja, das Leben ist eben kein Ponyhof. Jeder hat seine Pflichten.“

Mögliche Folgen: Schuldgefühle, Kind zieht sich zurück, Kind spürt, dass ihm der Erwachsene nichts zutraut, verteidigt die eigene Position noch vehementer, geht in Widerstand

 

  1. Vorschläge machen, (ungefragt) Lösungen anbieten

„Warum nimmt du dir nicht jeden Tag etwas Schönes vor, dass du in der Schule erleben willst?“

„Ich an deiner Stelle würde die Zeit dort genießen.“

„Ich schlage dir vor, dass du einfach akzeptierst, dass an der Schule kein Weg vorbeiführt.“

Botschaft: Ich traue meinem Kind nicht zu, seine Probleme selbst zu lösen. Ich nehme dem Kind die Möglichkeit, sein Problem selbst zu lösen. Mögliche Folgen: Abhängigkeit oder Widerstand

 

  1. Mit Logik überzeugen, argumentieren

„Ja, aber in der Schule lernst du doch auch ganz viel. Außerdem sind da deine Freunde.“

Mögliche Folgen: provoziert Verteidigung und Gegenargument, das Kind resigniert „Es nützt sowieso nichts. Ich werde nicht gehört.“,  es hört weg, es fühlt sich minderwertig

 

  1. Urteilen, kritisieren, beschuldigen

„Du bist total faul.“

„Dein Gejammer macht es auch nicht besser.“

„Deine Einstellung ist schuld, dass dir die Schule keinen Spaß macht.“

Mögliche Folgen: Kinder erzählen nichts mehr, da sie Angst vor negativen Folgen haben, Kinder nehmen das Urteil als wahr an oder rebellieren dagegen und wenden es auf die Eltern an

 

  1. Loben, zustimmen

„Ja, das stimmt, diese Schule ist echt unmöglich.“

„Ja, du wärst eigentlich woanders viel besser aufgehoben, bei deiner Intelligenz.“

Mögliche Folgen: kann als Manipulation aufgefasst werden, weckt hohe Erwartungen an das Kind, kann das Kind zu Perfektionismus drängen, Unstimmigkeiten zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung, Abhängigkeit von anderen

 

  1. Beschimpfen, lächerlich machen, beschämen

„Ah, mein lieber Herr Sohn ist sich zu fein für die Schule…“

Mögliche Folgen: Kind kann sich ungeliebt und wertlos vorkommen, Selbstwert sinkt, provoziert starken Gegenwind

 

  1. Analysieren, interpretieren, diagnostizieren

„Weißt du was dein eigentliches Problem ist? Du verwechselst Pflicht und Spaß.“

Mögliche Folgen: Kind empfindet es bedrohlich und frustrierend, fühlt sich in die Enge getrieben, bloßgestellt, unglaubwürdig, hat keine Lust mehr, etwas zu erzählen, Kind fühlt Überlegenheit der Eltern

 

  1. Beruhigen, trösten, bemitleiden

„Ach, so Phasen hat jeder mal. Morgen sieht die Welt ganz anders aus.“

Mögliche Folgen: Kind fühlt sich missverstanden und nicht ernst genommen, Gedanke: „Es ist nicht in Ordnung, sich so zu fühlen.“, kann Feindseligkeiten hervorbringen, Kontakt bricht ab

 

  1. Ausfragen, verhören

„Was war denn jetzt schon wieder los?“

„Hast du etwa wieder Blödsinn gemacht?“

Mögliche Folgen: verleitet zum Lügen oder Ausweichen, kann Angst, Furcht und Druck auslösen, leitet weg vom eigentlichen Problem

 

  1. Ablenken, spötteln, sich zurückziehen, aufheitern

„Ach, die liebe Schule. Na komm, wir essen jetzt erstmal.“

Mögliche Folgen: Kind lernt, dass es lieber den Schwierigkeiten aus dem Weg geht, Kind denkt, seine Probleme sind nicht wichtig, unterdrückt die Offenheit des Kindes

Willst du an Bord kommen?

Für alltagstaugliche Impulse – ich schicke dir wöchentlich meine Flaschenpost.

Unser Newsletter informiert dich über Themen rund um die (Gewaltfreie) Kommunikation in der Familie. Er kann Werbung enthalten. Weitere Informationen findest du in unseren Datenschutzbestimmungen. Du kannst dich selbstverständlich jederzeit wieder abmelden.

Schreib' mir!

Du hast Fragen, möchtest mit mir zusammenarbeiten oder hast Ideen für Blog-Beiträge? Ich freue mich über deine Nachricht!

E-Mail an mich