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Unsere Woche vier: Auf der Suche nach Strategien für einen entspannteren Alltag und Entspannung vom Alltag. Oder kurz gesagt: Osterferien in Corona-Zeiten sind so medium. Allenfalls.

Nehmen wir mal an, es wäre kein Corona. Dann wären wir jetzt mit unserem Wohnwagen an der holländischen Nordsee, würden uns den Wind um die Nase wehen lassen und das Salzwasser würde unsere Füße umspülen. Wir würden in den Tag hineinleben, unsere Ermahnungen an die Kinder, dass es fürs Barfußlaufen doch noch zu kalt ist und Duschen und Zähneputzen auch im Urlaub wichtig sind, würden immer weiter in den Hintergrund treten. Wir würden Pommes als Gemüse akzeptieren und Eis als gesundes Milchprodukt. Wir hätten eine echte Auszeit vom Alltag, unbeschwerte Tage voller Freude und Lachen.

Humor hilft fast immer

Hätte, hätte, Infektionskette… Das habe ich mir nicht selbst ausgedacht, sondern ich hab’s irgendwo in den Sozialen Medien aufgeschnappt und fand es lustig. Ebenso wie die Ferienziele zu Corona-Zeiten, die ein Radiosender vorgeschlagen hat, sozusagen eine Weltreise an einem Tag: Los geht es in Bad Bettheim mit Direktflug nach Kloronto. Nach einem kurzen Aufenthalt dort trifft man sich in Tischtanbul und schlendert wenig später durch Flurida. In Sofambique wird es gemütlich, ehe es über Wannezuela und Schrank Canaria zurück nach Bad Bettheim geht. Ihr seht schon: Eine Strategie, die mir und meiner Familie in schwierigen Zeiten hilft ist der Humor. Oft stellt sich durch ihn ganz automatisch die schmerzlich vermisste Leichtigkeit ein.

Abstand zum Alltag gewinnen

Und da wären wir schon mittendrin. Denn in unserer Planungsrunde für die Themen auf „Gewaltfrei Aufwachsen“ haben wir uns auch gefragt, was für Bedürfnisse erfüllen wir uns denn normalerweise mit Urlaub oder Ferien? Meine Top drei: Spaß. Leichtigkeit. Entspannung. Abstand gewinnen zur Arbeit und zum Alltag – das gelingt dann eben doch viel leichter, wenn wir unsere Sachen packen und in Urlaub fahren (auch wenn das Packen an sich mein absoluter Horror ist). Was genau tut daran denn so gut? Ich glaube, es ist dieses Ausbrechen aus der Routine. Nicht das übliche und oft öde Pflichtprogramm abspulen, mal verrückte oder spaßige Dinge tun. Schlafen nach dem eigenen Biorhythmus (theoretisch – in der Praxis geht es eher nach dem Biorhythmus des Kindes mit dem wenigsten Schlafbedürfnis). Und ganz viel in der Natur sein. Studien zufolge aktivieren Naturgeräusche und Naturfotos den Parasympathikus – das ist der Teil des Nervensystems, der dafür sorgt, dass wir uns erholen und entspannen.

Zelten im Garten – ein Mini-Abenteuer

Kleine Abenteuer erleben, kreativ sein, Spaß haben. Das geht auch alles zu Hause. Das Zelt haben wir kurzerhand im Garten aufgebaut, und alle drei Kinder haben darin übernachtet. Die Ausflüge führen gerade eben einfach mal an den nächstgelegenen Bach, wo wir Staudämme bauen oder selbstgeschnitzte Flöße schwimmen lassen.

Bunte Steine am Brunnen

Oder in die Innenstadt unseres kleinen Ortes, wo sich zurzeit immer mehr bunt bemalte Steine am Brunnen sammeln, die Kinder und Erwachsene als Zeichen der Verbundenheit und Hoffnung ablegen. Dort gab’s sogar ein Eis – natürlich unter Berücksichtigung aller Corona-Vorschriften. Wie oft am Tag sage ich zu mir selbst: Mensch, mach‘ Dich mal locker. Mal höre ich besser, mal schlechter auf diese innere Stimme. Denn realistisch gesehen werden wir wohl noch eine Weile in diesem Zustand verbringen. Werden wir unser Leben an die Beschränkungen anpassen, die die Pandemie mit sich bringt. Dann doch lieber mal wieder lachen, die Kleinigkeiten genießen und den dreckigen Fußboden dreckigen Fußboden sein lassen.

Gemeinschaft – doch wie?

Soweit so schön. Doch gerade jetzt, an Ostern, wird uns eines doch sehr schmerzlich bewusst: Es gibt Bedürfnisse, die wir in Isolation nur sehr schlecht nähren können. Gemeinschaft, Freundschaft, Zugehörigkeit und Verbundenheit zum Beispiel. Die Mutti (Anm. gemeint ist Angela Merkel) hat es ja ganz klar gesagt: Es wird dieses Jahr so vieles, was uns an Ostern liebgewonnene Tradition ist, nicht geben. Am Osterfeuer Stockbrot grillen. Gemeinsam mit Omas und Opas am Kaffeetisch sitzen.

Smart Distancing? Klappt!

Tja. Und an dieser Stelle habe ich mich gefragt, was spricht eigentlich dagegen, Ostern direkt mal auf die Probe zu stellen, was von einigen Virologen als „Smart Distancing“ ins Spiel gebrachte wurde? Was bitte spricht dagegen, Oma und Opa im Garten zu besuchen und dann, mit viel Abstand und Mundschutz, die Eiersuche doch noch gemeinsam zu erleben? Der älteren Generation ein paar Stunden Kinderlachen zu schenken und den Kindern einen kurzen Ausflug aus ihrer durch Corona oftmals so eng gewordenen Welt zu ermöglichen? Genau. Nichts.

Abhängen im Garten bei Oma und Opa – die haben auf der Terrasse ihre Zuschauerposition eingenommen

Mit den Kindern haben wir vorab die genauen Regeln besprochen – und dann konnte es auch schon losgehen. Oma und Opa bekamen ihre festen Plätze auf der Terrasse, den Kindern haben wir eine visuelle Grenze gesucht („Da, wo die Steine beginnen, ist für Euch Stopp!“ – „Bis zum Baum dürft Ihr gehen.“). Fußball mit Opa hin und her kicken? Kein Problem. Sich bei Oma vom einen Ende des Gartentischs Saft und Muffins holen? Ja klar doch. Von der – ein paar Meter entfernt ausgebreiteten – Picknickdecke aus mit den Großeltern auf der Terrasse blödeln und lachen? Ja! Unbedingt. Und der Osterhase hatte auch in den beiden Gärten der Großeltern jeweils etwas versteckt.

Ein kleines Stückchen Normalität

Diese kleinen Ausflüge haben uns allen gut getan. Sich mal wieder live zu erleben, und nicht nur am Bildschirm. Ein kleines bisschen Unbeschwertheit und Normalität in diesen verrückten Zeiten. Und für uns als Eltern mal wieder ein wenig Erholung. Woanders spielen die Kinder doch meist ruhiger und entspannter als zu Hause. Experiment geglückt!

Trotzdem wäre ich jetzt gern am Meer. Und zwar an einem richtigen. Nicht nur am WohnzimMEER oder SchlafzimMEER

Und Ihr so?

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    Birthe

    Mama von Zwillingen und einer Großen, Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und Journalistin, lernt mit Begeisterung neue Dinge. Sie schwankt zwischen Freude und Verzweiflung über ihre lebendige Familie.

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