Fühlst du dich oft morgens schon gestresst und wünschst dir endlich mehr Zeit und Ruhe in deinem Mama-Alltag? Carolin Habekost, Coach und Trainerin, verrät ihre 5 Schritte, wie du Stück für Stück alle wichtigen Elemente in dein Leben integrierst.
Keine Frage, so ein Mama-Alltag ist meist eng getaktet. Ganz gleich, wie dein Mix aus Fürsorge- und Erwerbsarbeit aussieht. Den Wunsch nach mehr Zeit kennt Carolin Habekost, Coach und Trainerin, daher sehr gut. Sie begleitet Mütter (Väter willkommen) darin, eine gelingende Vereinbarkeit zu leben. Dahinter steckt für die dreifache Mutter auch, ein glückliches Leben zu leben und „morgens aufzuwachen und zu sagen: Boah, ich habe einfach Lust auf meinen Tag!“ Klingt gut? Dann lies weiter, denn ich habe mit Carolin über ihre 5 Schritte auf dem Weg in ein solches Leben mit mehr Zeit gesprochen.*
Inhalt
Vertraue auf den Prozess – Carolins eigener Weg zu mehr Zeit
Carolin Habekost ist schonungslos ehrlich, wenn sie von ihren zurückliegenden Versuchen erzählt, wie sie im Mama-Alltag Erwerbstätigkeit, Carearbeit, Me-Time und Paarzeit unter einen Hut bringen wollte. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder (*2012, *2014, *2020) und lebt und arbeitet in der Nähe von Bremen. Bevor sie das erste Mal schwanger wurde, verbrachte sie als Kommunikationstrainerin in Reisebereitschaft phasenweise einen großen Teil ihrer Zeit in Hotels.
„Natürlich ahnte ich schon als das Kind unterwegs war: Das könnte schwierig werden“, erzählt sie. Gleichzeitig sei sie damals mit einer „eher naiven Haltung“ an die Sache herangegangen. „Ich dachte: Das wird sich schon klären – andere kriegen das auch hin.“ Zu diesem Zeitpunkt konnte sie noch nicht wissen, wie sehr sie das Mamasein in Anspruch nehmen würde. Vor allem körperlich – denn das Kind weinte viel, der Schlaf kam zu kurz und auch viele andere Bedürfnisse blieben auf der Strecke. „Mir wurde schnell langweilig – gleichzeitig hatte ich aber gar keine Kapazität, irgendetwas anzugehen“, sagt sie rückblickend.
„Wir sind aus Versehen ins klassische Modell gefallen von ,Mein Mann schafft das Geld ran, und ich mach alles andere.‘ Das wollten wir nicht. Aber wir wussten es einfach nicht besser.“
– Carolin Habekost
Es folgten eine ganze Reihe unterschiedlicher Vereinbarkeitsmodelle und Versuche, beruflich wieder Fuß zu fassen. So, wie es heute läuft, ist es in vielen Bereichen schon nahe dran an ihrem „Nordstern“- so nennt sie die Vision, die sie gemeinsam mit ihrem Mann entworfen hat. Carolin erläutert die Bedeutung dieses Bildes genauer: „Es geht darum, sich einen Wunsch-Zustand zu überlegen und sich zu fragen, was mir eigentlich wichtig ist. Das ist der Nordstern.“ Dieser könne durchaus auch so formuliert sein, dass man dort nie ankomme. Carolin: „Aber immer, wenn du mit deinem Lebensschiff aufs Meer fährst, dann siehst du ihn in der Ferne und orientierst dich dahin. Und die Fahrt ist schon das schöne, glückliche Leben. Mit Stürmen, das ja, aber du hast eine Orientierung.“ Was für ein kraftvolles Bild!
So sieht das aktuelle Vereinbarkeits-Modell bei Carolin aus
- Beide Eltern haben 30 Stunden für ihre Erwerbsarbeit.
- Die Carearbeit ist hälftig aufgeteilt – das gilt auch für Tage, an denen die Kinder krank sind.
- Der große Hausputz ist an eine Haushaltshilfe delegiert – die täglich anfallende Hausarbeit ist ebenfalls zu gleichen Teilen aufgeteilt.
- Für bestimmte Bereiche gibt es feste Verantwortungen (beispielsweise das Baden der Kinder oder Arztbesuche) – diese werden regelmäßig neu verhandelt.
- Die Basis bildet eine feste Wochenstruktur mit allen planbaren und festen Elementen (Betreuungszeiten der Kinder, feste Termine im Job etc.) – innerhalb der Zeiten sind beide Elternteile dann wiederum sehr flexibel und anpassungsfähig.
- Im Zentrum steht ein „agiles Partnerboard“, in das beide Aufgaben packen und diese sich dann auch „ziehen“. So reduzieren sich Mental Load und organisatorische Kommunikation.
- Um sich selbst zu organisieren, nutzt Carolin die von ihr entwickelte „Kopf-frei-Methode“ – dazu mehr im letzten Absatz dieses Textes.
„Ich habe Zeit! Und ich nehme mir Zeit für die Dinge,
– Carolin Habekost
die mir wichtig sind.“
Schritt 1 auf dem Weg zu mehr Zeit im Mama-Alltag: Welcher Zeit-Archtetyp bist du?
Mal Hand aufs Herz, hast du dich auch schon in Vergleichen mit anderen verloren und bist am Ende zum Ergebnis gekommen, dass du einfach weniger Zeit hast als andere? „Zeit ist fair verteilt. Und das glauben viele im ersten Moment nicht“, erzählt Carolin Habekost. Sie macht eine einfache Rechnung auf: Jeder Tag hat 24 Stunden – egal für wen. Natürlich könnten wir demnach nicht wissen, wie viele Jahre wir leben – „Aber auf den Tag gesehen, ist es zunächst fair verteilt“, sagt Carolin. „Und wir dürfen realisieren: Die meisten von uns waren schon vor den Kindern zeitlich sehr ausgeschöpft und hatten auch da das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben, stimmt’s?“ – Also ich fühle mich da ertappt – und du?
Aber was nun? Wie hilft mir diese Erkenntnis, mehr Zeit für mich zu haben? Carolin hat dazu ein Bild: Wir haben einen Teller, auf den 24 Stücke Kuchen passen. Wir tun uns allerdings zu viel Kuchen auf den Teller, packen also zu viele Tätigkeiten in einen Tag. Viel mehr, als realistisch schaffbar wäre. „Das geschieht meist, weil wir Ansprüche an uns selbst haben oder weil wir denken, die Gesellschaft hat Ansprüche an uns, oder der Partner – oder man macht das halt so“, sagt sie. Zum Beispiel: Das Haus hat ordentlich zu sein. Man begleitet Kindern jetzt eben bedürfnisorientiert und bildet sich dafür weiter. Beim Kindergeburtstag braucht es eine originelle, selbstgemachte Torte…
„Zudem verrechnen sich viele in der Anzahl der Stunden, sie sie ihre Kinder betreuen und erwerbsarbeiten“, weiß Carolin. Wenn das Kind von 8-15 Uhr betreut ist und ich von 8.30 bis 14.30 Uhr erwerbsarbeiten gehe, dann geht die Rechnung nicht auf: „Weil du dann entweder immer erwerbsarbeitest oder deine Kinder begleitest. Und du hast dann weder Zeit für dich allein zum Auftanken noch selbstbestimmte Zeit um private To-Dos zu erledigen oder Paarzeit zu verbringen.“
Daher ist es im ersten Schritt wichtig, eine ehrlich Bestandsaufnahme zu machen und herauszufinden, wie du bisher mit deiner Zeit umgehst. Carolin hat dafür ihr Zeit-Archtypen-Quiz für 0 Euro entwickelt: „Du erfährst, womit du deine Zeit ‚verdaddelst‘ und an welchen Stellschrauben du drehen kannst, um das Gefühl von mehr Zeit zu bekommen.“
Schritt 2 auf dem Weg zu mehr Zeit im Mama-Alltag: Baue dir ein sinnvolles Vereinbarkeits-Konzept.
Okay, das ist ein großes, großes Thema. Carolin hat schon viele Mamas auf diesem Weg begleitet – sei es in individuellen Coachings oder in ihren Kursen. Sie weiß: „Manche hoffen dann, es reicht sowas wie morgens ein bisschen Yoga machen, um entspannter durch den Alltag zu kommen.“ Davon hält sie nichts. „Nein, wir müssen an die Grundstruktur ran – und da gibt es leider auch keinen Schalter, den wir von heute auf morgen umlegen“, sagt sie.
Sie empfiehlt, zunächst mit dem Partner oder der Partnerin zu schauen, welche statischen Elemente es im Familienleben gibt. Dann kommen die Aufgaben dran, die in einer Familie anfallen. „Für diese Bestandsaufnahme haben wir 200 Klebezettel gebraucht“, erinnert sich Carolin Habekost. Vor der Aktion hatten beide noch das Gefühl, sie machten jeweils mehr als der / die andere. Doch es wurde klar, dass auf beiden Seiten viel unsichtbare Arbeit erledigt wurde. Carolin und ihr Mann schrieben für jede der Aufgaben Verantwortungen auf, manche Aufgaben flogen auch komplett raus oder wurden delegiert. „Das mit der Putzfrau war für uns eine Entscheidung, die uns damals finanziell sehr wohl weh tat“, erzählt Carolin. Bereut hat sie diese dennoch nicht.
Ausgehend von der ersten Bestandsaufnahme kann dann nach und nach der Wunsch-Zustand formuliert werden. Am besten fragst du dich dazu gemeinsam mit deinem Partner, was dir oder euch wirklich wichtig ist. Was braucht jedes einzelne Familienmitglied? Welche Situationen fressen aktuell am meisten Energie? Carolin und ihr Mann fanden beispielsweise heraus, dass die Situation mittags alleine mit drei Kindern alleine zu Hause unglaublich viel Energie zog. „Aktuell essen wir unter der Woche dreimal mittags alle fünf gemeinsam und versuchen generell Situationen zu vermeiden, in denen ein Erwachsener allein mit allen drei Kindern ist“, erzählt Carolin.
In diesem Schritt gilt es, immer wieder „rauszoomen“ und schauen, ob die Abläufe so wirklich Sinn machen. Oder ist manches ungewollt kompliziert gebaut? Kann es anders gestaltet werden? „Seid kreativ“, ermutigt Carolin. Und vor allem auch offen für den Prozess. Denn natürlich wird nicht alles auf Anhieb funktionieren. Dazu Carolin: „Klappt es bei uns immer zu 100 Prozent? Nein! Aber wir haben mit unserem Plan einen Standard für Zeiten, wenn alle Kinder gesund sind und wenn keine Ferien sind. Und dadurch ist mein Energiefass sehr gut gefüllt – dann kann ich auch andere Phasen abfedern.“
Schritt 3 auf dem Weg zu mehr Zeit im Mama-Alltag: Deine Beziehung zu dir selbst
Um ein Vereinbarkeits-Modell zu finden, das wirklich zu dir passt, brauchst du eine gute Kenntnis deiner eigenen Bedürfnisse. Auch das ist natürlich nichts, was du von heute auf morgen jederzeit und problemlos schaffst. Carolin hat über die Jahre immer mehr Dinge über sich selbst herausgefunden – beispielsweise, dass sie mit 8 Stunden Schlaf für sich am besten fährt. „Das bedeutet in der Konsequenz, dass meine ideale Bettgehzeit 21.30 Uhr ist. Das ist verdammt früh“, sagt sie.
Neben der Versorgung ihrer Grundbedürfnisse zählt für sie auch eine regelmäßige „Me-Time“ zur „Beziehungspflege“ mit sich selbst. Wie diese aussieht, ist dabei jedem selbst überlassen. „Me-Time kann auch Weiterbildung sein“, gibt Carolin ein Beispiel.
Schritt 4 auf dem Weg zu mehr Zeit im Mama-Alltag: Lerne eine Selbstmanagement-Methode
Entspannung sollte kein weiteres To-Do auf deiner Liste sein. „Das führt nur zu Schuldgefühlen und Frustration, wenn das auch wieder nicht klappt“, sagt Carolin. Daher ist es aus ihrer Sicht wichtig, den für sich geeigneten Weg zu finden, sich im Mama-Alltag zu organisieren – mit all den Aufgaben und Terminen die es mit sich bringt. Ihr Favorit sind agile Methoden, sie hat dafür ihr eigenes „Kopf-Frei-Board“ entwickelt: „Oben packe ich meine Aufgaben rein – und ich kann mir sicher sein, dass sie unten erledigt wieder rauskommen.“ Das klingt wie Zauberei – und natürlich gehört dazu auch mehr, als eine wundersame Maschine, die alles für dich erledigt. Wie die Methode funktioniert, kannst du in Carolins Kurs „Mission Kopf frei“ lernen (siehe unten).
„Wir schwächen unsere eigene Power, indem wir sagen: Ab jetzt ernähre ich mich gesund – und abends essen wir dann das Nutella-Toast. “
– Carolin Habekost
Schritt 5 auf dem Weg zu mehr Zeit im Mama-Alltag: Sei verbindlich mit dir selbst.
Klingt erstmal simpel: Tue das, was du sagst! Vermutlich fällt dir allerdings direkt mindestens ein Beispiel ein, wo du dir etwas vorgenommen hast, was du dann doch nicht getan hast. Carolin hat dafür eine Erklärung: „Wir nehmen uns oft Dinge vor, die wahrscheinlich gar nicht schaffbar sind. Warum nehmen wir sie uns überhaupt vor? Weil wir denken, es wäre gut für uns, wenn wir sie machen.“ Stimmt. Carolins Gegenmittel sind beispielsweise kleine Rituale und Routinen, die eine Sogwirkung haben. So entwickelte sich ihr anfangs kleines aber feines Morgenritual für den Übergang von der Carearbeit zur Erwerbsarbeit stetig weiter.
Selbstverbindlichkeit kannst du auch üben, indem du dir laut Sätze sagst wie „Heute Abend werde ich mir meine Zähne putzen“ – denn die Wahrscheinlichkeit, dass du das tust, ist schon ziemlich hoch, oder? Dazu Carolin: „Sich selbst gegenüber verbindlich zu sein, stärkt dein Selbstbewusstsein. Du bist in deiner Kraft – und das füllt dein Energiefass auf.“ Zudem sei es wichtig zu erkennen, wer denn überhaupt im eigenen Kopf die Regie führt. Frage dich: Was denke ich? Kann ich eigentlich lenken, was ich denke? Welche hinderlichen Glaubenssätze habe ich? Je mehr dir Selbstverbindlichkeit und Selbstführung gelingen, desto stabiler wirst du innerlich.
Weiter oben hast du ja bereits von Carolins Bild des Lebensschiffes gelesen. Im besten Fall bist du auf diesem Schiff nicht nur irgendeine Passagierin, sondern die Kapitänin. Carolin: „Dann kann immer noch Sturm kommen, aber du entscheidest: Setze ich mich trotzig in die Ecke und mache nichts und lasse mich schaukeln oder kämpfe ich dagegen an. Vielleicht werfe ich einen Anker, um stabil im Sturm zu sein- oder ich fahre aus dem Sturm raus. Dann kann ich nächstes Mal überlegen, ob ich eine andere Route fahre. Weil auf der einen ja so viel Sturm war.“
Auf einen Blick: Die 5 Schritte zu mehr Zeit im Mama-Alltag
Damit du keine Zeit verlierst und direkt in die Umsetzung kommen kannst, hier nochmal eine schnelle Zusammenfassung der 5 Schritte:
- Nimm deinen Umgang mit der Zeit in den Blick.
- Baue dir ein sinnvolles Vereinbarkeits-Konzept.
- Gestalte und pflege deine Beziehung zu dir selbst.
- Lerne eine Selbstmanagment-Methode, die zu dir passt.
- Sei verbindlich mit dir selbst und übernimm die Regie in deinem Kopf.
Im August erscheint Carolins Buch
Wenn du jetzt neugierig geworden bist, wie genau du es in Zukunft schaffen sollst, mehr Zeit für dich in deinem Alltag zu haben, dann sei gespannt auf Carolins Buch „Kopf frei Methode – Mehr schaffen, weniger tun“. Es erscheint am 28. August 2024 im Kösel-Verlag. Hier kannst du des ab sofort vorbestellen.*
Du findest Carolin Habekost übrigens auch auf Instagram.
*Aus Gründen der Transparenz ist mir folgendes wichtig zu schreiben: Eine gemeinsam Kundin hat Carolin und mich vor einiger Zeit zusammen gebracht. Hier geht es zu Carolins Podcast-Interview mit mir. Da ich von Carolins Arbeit überzeugt bin, teile ich in diesem Text den Link zu ihrem Buch (KEIN Affiliate-Link).
Fotos: Carolin Habekost