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Kennst du diese Augenblicke in denen du – schon während du handelst – weißt: Das löst jetzt weder wirklich mein Problem noch ist die Lösung gemäß meinen Werten? Oder aber du hast etwas getan und fragst dich hinterher: Was war da bloß mit mir los? Oder fühlst du dich oft wie im Hamsterrad: Du rennst und rennst, aber kommst einfach nicht weiter?

Ja? Ich glaube, wir kennen das alle. Jeden Tag treffen wir unzählige Entscheidungen – manche davon bewusst, andere unbewusst und wieder andere passiv, also durch Nichthandeln – sie geschehen dann einfach. Selbst vermeintlich kleine, unbedeutende Entscheidungen, können auf Dauer einen großen Einfluss auf unser Leben haben.

Gehe ich beispielsweise einen Abend sehr spät ins Bett, weil ich die Zeit noch nutzen will, wenn die Kinder endlich schlafen, dann wird das kaum Einfluss auf mich und mein weiters Leben haben. Gehe ich jedoch permanent über diese Grenze hinweg und bekomme dauerhaft zu wenig Schlaf, dann wirkt sich das gleichermaßen auf meine Psyche und auf meinen Körper aus.

Darum geht es in diesem Beitrag:

Ich schreibe darüber, wie du die Gewaltfreie Kommunikation dafür nutzen kannst, dich selbst immer besser kennenzulernen und deinen selbstsabotierenden Mustern auf die Schliche zu kommen. Durch Routinen für Selbstreflexion kannst du so gleichzeitig immer mehr von dem in dein Leben holen, was dir gut tut und dich in deinem Familienalltag unterstützt.

Klingt gut? Dann lies unbedingt weiter! Ich zeige dir ganz praktisch, wie ich persönlich das Journaling UND die Gewaltfreie Kommunikation miteinander verbinde. Vielleicht hat du ja Lust, das ein oder andere davon auszuprobieren? Oder hast du noch andere Strategien? Schreib‘ mir gerne am Ende des Textes einen Kommentar dazu!

Immer wieder ein Fest für mich: Bei einer Tasse Tee den neuen Monat im Bullet Journal planen und gestalten. Kreative Auszeit und Reflexion in einem.

Für mich ist das Bullet Journal mein Coach in der Handtasche und kreative Auszeit zugleich

Alles begann im Oktober 2019 damit, dass ich keinen für mich passenden Kalender fand. Denn ich habe da wirklich sehr genaue Vorstellungen von. Nach stundenlanger Recherche (on- und offline) stieß ich stattdessen auf die Bullet-Journal-Methode von Ryder Caroll. Ermutigt durch den Instagram-Account von Nicole Lommel habe ich noch am selben Tag mit meinem ersten Journal begonnen.

Warum ich nach zwei Jahren immer noch dran bin und wirklich nirgendwo ohne mein Bullet Journal hingehe? Weil es mich darin unterstützt, mich zu fokussieren, neue Gewohnheiten zu etablieren, mein Hirn zu entlasten und abzuschalten. Denn ich zeichne und kritzle darin total gerne – meine kreative Auszeit.

black pen on pink paper

Was ist ein Bullet Journal?

Eine Methode der persönlichen Organisation, die vom Designer Ryder Carroll entwickelt wurde. Das System organisiert Zeitplanung, Erinnerungen, Aufgabenlisten, Brainstorming und andere organisatorische Aufgaben in einem einzigen Notizbuch. (Quelle: Wikipedia)

Wie viel schaffe ich wirklich an einem Tag? Und was ist überhaupt wichtig?

Einerseits ist das Bullet Journal (Bujo) natürlich ein Kalender, in dem ich alle meine Termine und Aufgaben koordiniere. Andererseits fängt da schon die Besonderheit an: Denn da ich mir Monat für Monat die Übersichten nach meinen eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen einrichten und gestalten kann, bin ich allein dadurch schon in einer ständigen Selbstreflexion.

  • Was hat mich unterstützt?
  • Was habe ich weniger genutzt oder war mir sogar hinderlich?
  • Worauf will ich diesen Monat meinen Fokus richten?

Richtig spannend wird es allerdings bei der Organisation meiner Aufgaben. Denn statt ellenlanger To-Do-Listen (die, by the way, eh meist mehr Frust als Motivation bringen), nutze ich so genannte „Daily Logs“. Ich setze mich als erstes morgens hin und schreibe auf, was ich mir für den Tag vornehme. Genau genommen ist das sogar schon der zweite Schritt. Denn NOCH DAVOR schaue ich mir die vom Vortag übrig gebliebenen Aufgaben an und entscheide, was damit passiert.

  • Werde ich diese Aufgabe heute erledigen? Dann übertrage ich sie auf den neuen Tag.
  • Komme ich heute voraussichtlich auch nicht dazu, und die Aufgabe kann warten? Dann wandert sie zurück in die Wochenübersicht.
  • Habe ich die Aufgabe schon die ganzen vergangenen Tage geschoben und ist vielleicht gerade einfach nicht die richtige Zeit dafür? Dann streiche ich sie auch ganz beherzt durch.

So verfahre ich mit Aufgabe für Aufgabe.

Der Clou dahinter: Ich lerne immer besser einzuschätzen, wie viel ich an einem Tag überhaupt schaffen kann. Außerdem gewinne ich viel Klarheit darüber, welche Aufgaben ich gerne vor mir herschiebe und kann mir nun ganz aktiv eine Lösung dafür überlegen.

Kann ich die Aufgabe delegieren? Erledige ich sie am nächsten Tag als erstes? Ist die Aufgabe vielleicht gar keine „echte“ Aufgabe, sondern eher ein Wunsch? Dann kann ich schauen, ob es vielleicht andere, passendere Strategien für mich gibt, dieses Bedürfnis (das ja hinter dem Wunsch steckt) zu erfüllen.

Jedes Bullet Journal ist so individuel wie sein:e Besitzer:in
Foto: Pure Julia/unsplash

Mögliche Elemente, die du in deinem Bullet Journal nutzen kannst, um zu reflektieren oder Lernerfolge zu feiern.

Und schon sind wir mittendrin in der GFK und in der Bedürfnisorientierung. Es gibt allerdings noch viel mehr Elemente, die du zur Selbstreflexion nutzen kannst. Hier ein paar im Überblick:

Tracker für Gewohnheiten

Du willst täglich meditieren, weil du weißt, dass dich das im Alltag gelassener macht? Dein Ideal ist es, jeden Tag mit deinem Kind nach draußen zu gehen?

Vielleicht motiviert dich dann ein so genannter „Tracker“. Ich tracke (verfolge) zurzeit fünf Gewohnheiten in meinem Bujo:

  • Nach dem Abendessen nichts mehr naschen
  • Mehr Sport machen bzw. Alltagsbewegung integrieren
  • Täglich Zeit in der Natur verbringen
  • Täglich meditieren und/oder Yoga machen
  • Ab 21 Uhr mein Handy in den Flugmodus schalten

Alles Dinge, von denen ich weiß, dass sie mir gut tun. Und doch neige ich dazu, diese hinten runter fallen zu lassen. Wie die Tracker aussehen, ist individuelle, gestalterische Freiheit. Meine sind ganz simpel: Ich male mir kleine Monatsraster ins Bujo (für jede Gewohnheit eins) und male abends aus, welche der Dinge ich an dem Tag umgesetzt habe.

Ich freue mich tatsächlich wie ein kleines Kind, wenn ich abends möglichst viele Kästchen ausmalen kann. Dann kann ich feiern, dass ich bewusst etwas für mich getan habe. Und somit auch für unseren Familienfrieden. *Einen kleinen Warnhinweise zu Trackern findest du am Ende des Textes unter „Beipackzettel“.

Dankbarkeitstagebuch

Für was bist du heute dankbar? Diese Frage kannst du dir jeden Abend kurz vorm Schlafengehen stellen und stichpunktartig, zwei oder drei Dinge notieren. Und du wirst sehen:

Auch an vermeintlichen „Kack-Tagen“ gibt es immer noch Kleinigkeiten, die gut gelaufen sind oder Begebenheiten, die uns Dankbarkeit verspüren lassen. Sei es das aufmunternde Lächeln der Kassiererin, während unser Kleinkind sich wütend auf den Boden schmeißt. Oder der dicke Kuss, den uns unser Kind vorm Schlafengehen auf die Wange gedrückt hat.

Falls das für dich erstmal erzwungen klingt, dann können dich vielleicht die Ergebnisse einer Studie des Psychologen Robert Emmons überzeugen: Er ließ eine Gruppe zehn Wochen lang täglich ein Dankbarkeitstagebuch führen. Im Anschluss gaben die Teilnehmenden an, sie seien optimistischer, verspürten mehr Lebensfreude und fühlten sich vitaler. Zudem schliefen sie besser und hatten weniger körperliche Beschwerden.

Alles Effekte, die ich auch bei mir feststelle, wenn ich meinen Blick regelmäßig auf die Momente lenke, in denen ich Dankbarkeit verspürt habe.

Feiern und Bedauern

Noch spezifischer auf die GFK ausgerichtet, kannst du dir auch jeden Abend zu folgenden Fragen Notizen machen:

  • Was hat mir an diesem Tag Freude bereitet?
  • Wodurch wurde die Freude ausgelöst?
  • Welche Gefühle waren da noch?
  • Welche Bedürfnisse waren erfüllt?
  • Konnte ich die GFK anwenden?

Das funktioniert natürlich andersherum genauso.

  • Über was oder wen hast du dich geärgert?
  • Was war der Auslöser?
  • Welche Bedürfnisse haben sich nicht erfüllt?
  • Was hättest du in diesem Moment vielleicht gebraucht?
  • Was kannst du tun, um diese Bedürfnisse anderweitig zu erfüllen oder sie in einer ähnlichen Situation in Zukunft besser im Blick zu behalten?

Wie du das Ritual des Feierns und Bedauerns bewusst mit deinem Kind oder deinen Kindern zelebrieren kannst, liest du übrigens hier.

Brain dump

Mindestens eine Doppelseite pro Monat hat bei mir die reine Funktion der „Abladestelle“ – hier entleere ich regelmäßig mein Hirn, wenn ich Ideen habe, die ich (noch) nicht so richtig zuordnen kann, mir Zusammenhänge klar werden oder ich Sätze aufschnappe, die ich mir unbedingt notieren will. Also zum Beispiel Zitate, Sprüche, Anekdoten oder Impulse. Diese Seite ist für mich eine wahre Fundgrube, in der ich regelmäßig stöbere und kreativ Ideen weiterspinne oder angefangene (GFK-)Prozesse weiterführe.

Morning Pages

Natürlich kannst du ein Bujo auch für eine Art „Therapeutisches Schreiben“ nutzen. Dazu setzt du dich auch gleich morgens als erstes hin und schreibst einen gewissen Zeitraum (fünf oder zehn Minuten reichen völlig) alles auf, was dir in den Sinn kommt. Lass‘ es einfach fließen und sei überrascht wie viel sich in diesen Momenten in deinem Hirn verknüpft, welche Knoten sich lösen und wie wohltuend und befreiend das sein kann.

Check-ins

Bei meiner Recherche bin ich auch auf die Rubrik der „Check-ins“ gestoßen. Dabei geht es darum, regelmäßig zum Ende einer Woche, eines Monats und/oder Jahres zu schauen, wie der jeweilige Zeitabschnitt für dich war.

  • Wie ist es dir ergangen?
  • Was hast du alles erlebt?
  • Gab es besondere Erkenntnisse?
  • Vor welche Herausforderungen warst du gestellt und wie hast du sie gelöst?
  • Was lief gut?
  • Wofür bist du dankbar?

Das habe ich bisher nur zum Jahresende gemacht, will es nun aber unbedingt mal ausprobieren und in meine Routine integrieren. Ob wöchentlich oder monatlich, überlege ich mir dann noch…

Der Beipackzettel – Dosierung, Risiken und Nebenwirkungen der Selbstreflexion.

Warum und wie wirkt regelmäßiges Journaling? Wichtig ist hier vor allem das Schreiben mit der Hand. Denn dieses beschäftigt die linke, analytische Gehirnhälfte, wodurch die rechte, kreative Gehirnhälfte, die Chance hat, auch mal zum Zuge zu kommen. So „zerhirnst“ du die Dinge nicht, sondern förderst Dinge aus deinem Unterbewusstsein zu Tage und entwickelst ein immer ausgeprägteres Gespür für dich selbst.

Ganz wichtig: Es geht hier NICHT darum, in einen Selbstoptimierungswahn zu verfallen oder gar sich schlecht zu fühlen, wenn wir gewisse Routinen nicht eingehalten haben oder ein To-Do zum gefühlt hundertsten Mal vom einen in den nächsten Tag geschoben haben. Nein, die Idee dahinter ist, ein klareres Bild davon zu erlangen, wie einzelne Bereiche deines Lebens ineinander spielen und analysieren zu können, was dir eher nutzt und was dir eher schadet.

Ich bin ganz neugierig: Nutzt du schon irgendeine Form des Journalings oder Tagebuchschreibens? Oder bist du vielleicht jetzt, durch diesen Beitrag, darauf neugierig geworden und willst es ausprobieren?

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Birthe

Mama von Zwillingen und einer Großen, Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und Journalistin, lernt mit Begeisterung neue Dinge. Sie schwankt zwischen Freude und Verzweiflung über ihre lebendige Familie.

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