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Selbstliebe praktizieren

Eine Liebeserklärung an die Pause

By 4. Mai 2022August 1st, 2023No Comments8 min read

Viele Studien zeigen: Je länger wir damit warten, bis wir uns eine Pause „gönnen“, desto weniger erholsam fällt sie am Ende aus. Um unsere Kinder friedvoll und gelassen begleiten zu können, ist es wichtig, dass wir in unserer Kraft bleiben. Du findest hier 5 konkrete Tipps, wie du Pausen in deinen Alltag integrieren kannst.

Die Pause hat oft einen schlechten Ruf

„Wer rastet, der rostet“ – „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ – „Ich bin Mama, ich habe keine Zeit für Pausen.“

Kommt dir das bekannt vor? Viele Sprüche und auch Gespräche mit anderen Eltern stützen ein und denselben Glaubenssatz: Eine Pause ist ein Luxus, den ich mir erst verdienen muss. Und nicht jede:r kann sich diesen Luxus der Pause auch leisten!

Ich kann dir sagen: Lange Zeit habe ich auch nach genau diesem Muster gelebt und mir Pausen erst zugestanden, wenn ich schon (fast) am Boden lag. Dann stellte ich ernüchtert fest: Bringt ja gar nichts, so eine Pause. Ich fühle mich danach nicht wieder zum Bäume ausreißen.

Doch wie immer im Leben ist es auch verdammt schwierig, wenn wir erst aktiv werden, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Auch Arbeitswissenschaftler raten dazu, eine Pause zu machen BEVOR wir denken, dass wir sie brauchen. Denn viele Menschen nehmen ihre Ermüdung nicht oder erst zu spät wahr. Weiter heißt es: „Die Ermüdung nimmt umso schneller zu, je länger man müde weiterarbeitet.“ (Quelle: Techniker Krankenkasse).

Manchmal kommt es mir auch ein wenig so vor, als gehöre das heutzutage zum „Lifestyle“ unermüdlich etwas schaffen zu wollen, Multitasking zu betreiben und kontinuierlich an der eigenen Optimierung zu arbeiten.

Arbeiten bis zum Umfallen? Bitte nicht! Pausen sind wichtig – gerade im Elternalltag.
Foto: Joyuma / unsplash

Warum wir oft ein Problem damit haben, uns Pausen zu „gönnen“ – und wie du dich selbst überzeugst.

Ich stelle dir hier ein paar typische „Fallen“ bzw. Gedanken vor, mit denen wir unsere Pausen selbst sabotieren.

„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

Nur noch schnell das und das fertig machen, dann gönne ich mir eine Pause. Nur leider kommt es dann oft gar nicht mehr zur Pause. Weil die Kinder eine Stunde früher von der Schule nach Hause kommen. Weil die Aufgabe doch länger gedauert hat. Weil noch ein Anruf dazwischen gekommen ist.

„Ich will für meine Kinder da sein.“

Ja und dann meldet sich oft das schlechte Gewissen. Gerade wenn du vielleicht arbeiten gehst und das Kind tagsüber in der Kita ist. Dann gehört der Nachmittag nur dem Kind.

Ja, das ist eine schöne Vorstellung, und ich verstehe dieses Bedürfnis nach Fürsorge gut. Doch am Ende hat dein Kind mehr davon, wenn du eine Weile ganz bewusst mit ihm spielst. Dein Handy beiseite legst, mit deinen Gedanken beim Kind bleibst, um dich dann nach einer Weile auch wieder anderen Dingen zuzuwenden. Bewusstheit ist hier das Stichwort. Du wirst staunen, wie viel mehr Zeit du plötzlich hast, wenn du eine Sache nach der anderen machst und fokussiert bleibst.

„Die Arbeit macht sich halt nicht von alleine.“

Nee, leider nicht. Doch auch hier kannst du schauen, welche Prioritäten du setzt. Was ist dir wirklich wichtig? Welche Bedürfnisse stecken dahinter? Du findest kein Bedürfnis, keinen „guten Grund“? Dann weg damit!

Und werde ruhig auch mal kreativ. Kinder lieben es, aus allem ein Spiel zu machen. Vielleicht könnt ihr so auch Verbindung und gemeinsame Zeit genießen, während ihr zusammen kocht, Schränke aufräumt oder Wäsche sortiert?

„Ich kann eh nicht abschalten, bevor nicht alles erledigt ist.“

Der Kopf rattert weiter – trotz Pause? Das kenne ich gut! Doch du kannst üben, bewusst abzuschalten, dich immer wieder in einen Zustand der Entspannung zu bringen. Zum Beispiel durch Meditation oder auch durch Joggen oder Hörbuch hören.

Eine gute Idee ist es auch, die Hände mit einer leichten Tätigkeit zu beschäftigen wie Stricken oder im Garten wühlen. Auch zusammen mit Tieren fällt vielen das Entspannen leichter. Probiere aus, was zu dir passt. Und sei geduldig und liebevoll mit dir. Meist dauert es einfach eine Zeit, bis wir wirklich loslassen können.

Einfach mal nichts tun. Nichts denken. Schön wär’s? Oft sabotieren wir uns selbst durch unsere Glaubenssätze.
Katie Moum / unsplash

Pause machen ist gerade im Mama-Alltag wichtig, um in unserer Kraft zu bleiben

Jetzt habe ich dir schon einige Strategien und Argumente geliefert. Und ganz ehrlich, vermutlich ist es dir eh längst bewusst, dass Pausen entscheidend dafür sind, wie friedvoll du durch deinen Mama-Alltag (oder Papa-Alltag) kommst.

Viele Konflikte schwappen zumindest bei uns hoch, weil ich nicht in meiner Kraft bin. Dann handle ich nämlich nicht mehr auf der Erwachsenen-Ebene, sondern bin plötzlich wieder die Dreijährige, die sich mit dem anderen Kind zankt, wer denn nun zuerst die Schüppe bekommt.

Das Blöde ist: Wenn ich erstmal so richtig erschöpft bin, dann fällt es mir auch schwerer, mich in solchen Momenten zu ertappen und die Giraffen-Perspektive einzunehmen. Also mir einen Überblick zu verschaffen und zu überlegen, was denn genau gerade überhaupt passiert, was das in mir auslöst, was ich brauche und was ich nun tun will.

Statt zu sagen: Sitz nicht einfach nur da – tu irgendetwas, sollten wir das Gegenteil fordern: Tu nicht einfach irgendetwas – sitz nur da.

– Thich Nhat Hanh

Wie komme ich aus der Nummer wieder raus? Bestenfalls rechtzeitig Pausen machen und regelmäßig bei mir selbst „einchecken“, um zu schauen, wo ich denn stimmungsmäßig gerade stehe. Dafür kann ich mir auch Anker im Außen suchen. Also entweder mein Kind oder meinen Partner bitten, mich durch ein Codewort darauf aufmerksam zu machen oder aber mir zum Beispiel einen Zettel an den Spiegel im Flur hängen oder unter mein Wasserglas stellen. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Schöne GFK-Rituale findest du auch hier.

5 Ideen wie du Pausen integrieren kannst

Und hier folgen noch ein paar erprobte Strategien von mir, wie ich Pausen in den Alltag integriere:

#1 Geh früher los – und mach‘ was draus

Gerade auch für den Übergang zwischen deiner Erwerbstätigkeit und deiner Fürsorgearbeit bietet sich diese Vorgehensweise an. Plane zwischen dem Arbeitsschluss und dem Abholen aus Kita oder Schule ein paar Minuten mehr ein. Um Kaffee zu trinken. Um noch eine Runde spazieren zu gehen. Um kurz im Auto die Augen zu schließen. Um zwei, drei Gedanken in ein Notizbuch zu kritzeln. Um einfach nur vor dich hin zu schauen und zu beobachten.

#2 Trinke einen Tee oder Kaffee – sonst nichts

So entsteht daraus direkt eine kleine Achtsamkeitsübung. Du kannst dir bei der Zubereitung des Getränks über alles bewusst werden, was du riechst, hörst, fühlst, siehst und schmeckst. Ganz genauso beim Trinken. Nimm Schluck für Schluck und konzentriere dich allein darauf. Du wirst erstaunt sein, wie sehr das deinen Geist und deinen Körper erfrischt!

#3 Alles-Kann-Nichts-Muss-Tag

Ich erkläre regelmäßig einen Tag zu so einem „Alls-Kann-Nichts-Muss“-Erlebnis. Und so setze ich es um: An diesem Tag, gibt es nichts für mich zu tun. Ich mache keine festen Pläne, sondern schaue, wohin es mich zieht. Ich folge rein meiner Intuition und mache nur das, was mir Freude bereitet. Denn so bin ich ganz und gar mit mir und meinen Bedürfnissen verbunden.

Das klappt übrigens auch mit einem kürzeren Zeitraum, ich würde sagen, ab etwa einer Stunde.

#4 Erst das Vergnügen, dann die Arbeit

Drehe den Spieß doch mal um und starte mit etwas in den Tag, was du nur für dich tust! Zum Beispiel einem ausgiebigen Frühstück im Café, einem ausgedehnten Spaziergang, Bahnen ziehen im Schwimmbad oder Malen. Du wirst sehen, die Arbeit macht sich danach deutlich leichter. Und außerdem läufst du dann nicht die Gefahr, dass die Pause hintenüber fällt.

#5 Plane die Pausen ein!

Setze dich sowohl sonntags vor Start der neuen Woche hin und dünne diese ggf. aus, sollte da zu wenig Luft für dich drin sein. Wiederhole diesen Vorgang jeden Abend für den nächsten Tag. Wenn du willst, kannst du auch die Eisenhower-Methode nutzen, um deine Aufgaben zu priorisieren (Wenn du hier klickst, gelangst du zum Instagram-Post dazu.).

Falls du ein großes Problem damit hast, Verantwortung loszulassen oder Aufgaben unerledigt zu lassen, dann nimm das als bewusste Challenge für dich. Lasse pro Woche eine Aufgabe liegen und schaue, was passiert. Führe darüber Tagebuch und ziehe nach einem Monat dein persönliches Fazit.

Plane Pausen fest ein – sonst fallen sie im Alltag ständig hintenüber.
Foto: Sixteen Miles Out / unsplash

Übrigens…

Pause heißt bei mir auch: Handy weg! Denn mal ehrlich: Wie oft am Tag greifst du unbewusst danach, weil du mal einen Moment abschalten willst? Doch statt abzuschalten passiert das Gegenteil. Du bekommst im Bruchteil weniger Minuten zig neue Informationen. Nehmen wir mal an, du surfst in einem Sozialen Netzwerk: Dann beginnst du vermutlich auch noch damit, dich mit anderen zu vergleichen, fühlst dich vielleicht unzulänglich und bist hinterher kein bisschen erholter, sondern eher völlig ermüdet und vielleicht sogar deprimiert. Plane dir lieber bewusste Zeiten ein, in denen du Social Media konsumierst.

Pause mit Kind?

Auch das geht. Es gibt ein paar Spielideen, bei denen das Kind aktiv ist und du ausruhst (z.B. Pizzabacken, Arzt spielen etc.)

Oder etabliert Rituale wie das gemeinsame Mittagsschläfchen (ggf. mit Hörspiel), den Streifzug durch die Natur, den Besuch auf dem Spielplatz (nimm dir ein gutes Buch oder eine Picknick-Decke mit). Oder tauche einfach ganz bewusst mit deinem Kind im Hier und Jetzt ab. Setze dich mit ihm auf den Boden und folge ganz dem, was es tut. Diese Achtsamkeit entspannt deinen Geist enorm.

Und hier noch ein paar „Quickies“:

Auf die Terrasse gehen, am offenen Fenster atmen, Handy weg!, Verbindung mit dem Atem, kurz die Augen schließen, zu einem Lieblingslied tanzen, ein Stück Schokolade bewusst essen, kaltes Wasser über die Arme laufen lassen, barfuß draußen laufen…            

Füße hoch, nichts tun, die Seele baumeln lassen. Für viele von uns gar nicht so leicht, das auch zu genießen.
Foto: Heather Mount / Unsplash

Titelbild: Paje Victoria / unsplash

Birthe

Mama von Zwillingen und einer Großen, Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und Journalistin, lernt mit Begeisterung neue Dinge. Sie schwankt zwischen Freude und Verzweiflung über ihre lebendige Familie.

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