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Du findest Gewaltfreie Kommunikation cool und suchst noch ultimative Tipps, sie leichter im Alltag umzusetzen? Dann lies unbedingt weiter! Ich gebe dir 10 Impulse, wie du schnelle Erfolge sehen und spüren kannst. Und auch, wenn ich den Wunsch nach Fortschritt gut verstehen kann: Sei liebevoll und geduldig mit dir. Die Gewaltfreie Kommunikation zu erlernen ist ein lebenslanger Prozess. Es braucht Zeit, alte Verhaltensweisen zu überwinden und diese neue Sprache zu erlernen. Feiere jeden einzelnen Schritt auf dem Weg dorthin!

Die 10 Tipps kannst du alle sofort umsetzen – viele davon sogar „under cover“, also ohne, dass du jemandem erzählen brauchst, was du dort genau tust. So übst du Gewaltfreie Kommunikation (GFK) erstmal für dich im Stillen und kannst ausprobieren, welche Effekte allein das schon auf dich hat. Wie sagte doch der Erfinder der GFK so treffend?

„Die entscheidendste Wirkung hat die GFK vermutlich jedoch auf den Umgang mit uns selbst.“

Marshall B. Rosenberg

Also, los geht’s!

Tipp #1:
Eigene Gefühle und Bedürfnisse erkennen

Gewaltfreie Kommunikation Tipp 1

Im Mittelpunkt der Gewaltfreien Kommunikation stehen die Bedürfnisse, also der gute Grund, warum Menschen etwas tun.

Daher mein 1. Tipp: Beginne damit, zu erkennen was du selbst brauchst und entwickle Strategien, wie du dir das auch geben kannst.

Indem du lernst, mit dir selbst friedvoller zu sein, gehst du bereits einen wesentlichen Schritt in Richtung eines wertschätzenderem und friedvolleren Miteinander in der Familie und andernorts.

So geht’s: Wann immer du einen Moment Zeit hast (weil du auf den Bus wartest, die Zähne putzt oder mit dem Hund spazieren gehst), beobachte deine Gedanken und Gefühle. Übe, aus deiner Selbstbeobachtung deine Bedürfnisse herauszulesen. Dies tust du im Stillen – niemand anderes bekommt mit, dass du bereits GFK praktizierst. 😉

Alternativ kannst du dich auch abends bewusst mit einem Notizbuch und einem Stift hinsetzen, und Gedanken und Gefühle, die du über den Tag hattest aufschreiben. Mit welchen Bedürfnissen könnten diese zu tun haben?

Tipp #2:
Mit ganzer Präsenz hinhören

Gewaltfreie Kommunikation Tipp 2

Gewaltfreie Kommunikation unterstützt und fördert unsere Empathiefähigkeit. Diese ist uns allen angeboren, doch häufig geht sie im Laufe unseres Lebens und mit den von uns gesammelten Erfahrungen verloren. Mein Tipp: Buddele sie wieder aus!

Denn Empathie, so fanden viele Forschende heraus, wirkt heilsam (und kann sogar körperliche Beschwerden lindern*) und leistet einen entscheidenden Beitrag zur friedvollen Konfliktlösung.

*Marshall B. Rosenberg stellte mittels einer Studie fest, was für den Heilungsprozess eines Patienten maßgeblich ist: weder die berufliche Qualifikation noch die fachliche Ausbildung des medizinischen Personals – sondern deren Empathiefähigkeit.

Du merkst also: Empathie ist das größte Geschenk, das du deinen Mitmenschen machen kannst. Empathie ist zugleich das überzeugendste „Argument“ für dich, wenn du einen GFK-skeptischen Mitmenschen vor dir hast. Einfach, weil sie wirkt.

So geht’s: Worte und Handlungen anderer Menschen empathisch aufzunehmen kannst du trainieren – ohne je ein Wort darüber zu verlieren. Beginne mit dem sogenannten „Passiven Zuhören“. Dabei bist du mit deiner vollen Präsenz bei deinem Gegenüber und konzentrierst dich dabei auf die Gefühle und Bedürfnisse, die du hinter dem Gesagten (also auch Urteilen und Beschimpfungen) hörst. Das alles läuft in deinem Kopf ab, du sagst nichts.

Achtung: Eventuell kann dieses veränderte Verhaltensweise von dir für Skepsis beim Gegenüber sorgen. Lies dazu Tipp #8.

Tipp #3:
Andere und sich beschenken

Gewaltfreie Kommunikation Tipp 3

Tipp #1 betrifft die Selbstempathie. Tipp #2 handelt von der Empathie. Dieser Tipp widmet sich dem dritten Anwendungsbereich der Gewaltfreien Kommunikation: dem „authentischen Selbstausdruck“

Hierbei geht es darum, meinem Gegenüber aufrichtig und gleichzeitig gewaltfrei mitzuteilen,
– was bei mir los ist,
– wie es um meine Bedürfnisse steht,
– inwiefern es zu meinem Wohlbefinden beitragen kann.

Den authentischen Selbstausdruck üben wir im Seminar gern mithilfe von Beispielen, wo wir ein unangenehmes Gefühl spüren. Am lehrreichsten sind die Fälle, in denen Ärger oder Frust eine Rolle spielen.

Das verleitet allerdings dazu, nach der Rückkehr vom GFK-Seminar den aufrichtigen Selbstausdruck genau dort „auszuprobieren“, wo wir Frust oder Ärger verspüren (Unordnung im Kinderzimmer, fehlende Unterstützung im Haushalt, Trödelei am frühen Morgen…). Und dann bekommt die Sache mit der Gewaltfreien Kommunikation gleich einen negativen Beigeschmack bei deinen Liebsten…

Mein Tipp: beginne mit dem Üben der Aufrichtigkeit bei angenehmen Gefühlen!

So geht’s: Wann immer du im Zusammensein mit einer anderen Person angenehme Gefühle verspürst: gehe zunächst im Stillen die ersten drei Schritte des GFK-Modells durch:
– Was genau hat sie gesagt oder getan?
– Wie reagiert dein Körper? Welchen Namen hat das Gefühl?
– Welches Bedürfnis erfüllt sich durchs Handeln oder das Gesagte der anderen Person? Zur Erfüllung welchen Bedürfnisses hat der andere gerade beigetragen?


Formuliere (zunächst im Stillen) einen Satz, der zum Ausdruck bringt, dass dein Gegenüber gerade zu deinem Wohlbefinden beigetragen hat. Möglicherweise wirst du feststellen, dass es auch bei angenehmen Gefühlen gar nicht so einfach ist, dich mitzuteilen…
Sprich dann den Satz laut aus.

Achtung: Gerade bei Übenden kann das noch etwas hölzern und gesteltzt klingen. Das Gesagte wird vermutlich dennoch positiv ankommen, da es ja eine angenehme Botschaft ist. Versuche möglichst bald deine eigene, natürliche Sprache (wieder) zu finden. (siehe Tipp #9).

Alternativ kannst du übrigens auch hier wieder eine Übung zur Selbstempathie daraus machen: Notiere dir jeden Abend, wofür du DIR dankbar bist. Schreibe dazu das Gefühl und die erfüllten Bedürfnisse auf. Und übe doch direkt mal, wie DU selbst die Botschaft gut hören kannst. Noch mehr Übungen für mehr Selbstliebe findest du hier.

Tipp #4:
Verstehen im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation

Gewaltfreie Kommunikation Tipp 4

Noch eine Möglichkeit, die Gewaltfreie Kommunikation in deinen Alltag zu integrieren, ohne dabei deine Liebsten allzu sehr zu irritieren:
Benenne das „Ja“ hinter deinem „Nein“.

Die Gewaltfreie Kommunikation geht davon aus, dass ein Nein immer ein Ja zu etwas anderem ist. Für unser Gegenüber ist es leichter, mit uns in Verbindung zu bleiben, wenn es die Gründe für unser Nein kennt.
Verstehen im Sinne der GFK bedeutet, das Bedürfnis zu benennen, das hinter dem Nein steckt. Dafür muss unser Gegenüber nicht unsere Argumente (kognitiv) nachvollziehen können.

Vielleicht sagst du im Alltag ja auch oft „Nein“ zu deinem Kind – oder aber „Ich will jetzt nicht“ – „Das passt gerade nicht“. Es kann vorkommen, dass unser Kind daraufhin einen regelrechten Wutausbruch hat – vermutlich steckt dahinter auch eine große Portion Traurigkeit oder Verletztheit.

Denn: Indem wir einfach so „Nein“ sagen, lehnen wir die Bitte unseres Kindes ab, ihm bei seiner Bedürfniserfüllung zu helfen. Wichtig: Problematisch ist hier NICHT das „Nein“ an sich. Sondern, dass wir dem Kind unseren persönlichen und guten Grund verschweigen.

So geht’s: Du suchst nach einer gewaltfreieren Alternative? Dann zeige deinem Kind (deinem Gegenüber)
1. Ich sehe und höre dein Anliegen.
2. Und GLEICHZEITIG (bitte KEIN „aber“) fühle ich mich [Gefühl] weil mir [Bedürfnis] wichtig ist. Ich möchte jetzt lieber [meine nevorzugte Strategie, mein „Ja“].

Ein Beispiel: „Ah, du willst super gerne jetzt sofort mit mir ins Schwimmbad gehen! Ich habe das mitbekommen. Und gleichzeitig bin ich gerade total müde vom Einkaufen und ich brauche einen Moment Erholung…“ Nun kannst du den Ball entweder an dein Kind abgegeben: „Hast du eine Idee, wie wir’s mit dem Schwimmen hinbekommen?“ oder aber du machst selbst einen Vorschlag: „Was meinst du, ich ruhe mich hier 10 Minuten auf dem Sofa aus – und in der Zeit kannst du vielleicht ja schon schauen, wo deine Badehose ist. Wollen wir es so machen?“

Fällt es dir noch schwer, das wahre Bedürfnis, das „echte Ja“ hinter deinem „Nein“ zu finden? Dann kannst du hier anfangen zu graben. Wieder ganz allein für dich, auch dann, wenn die Situation schon längst vorbei ist. Oder in Begleitung – etwa bei einem 1:1 Coaching mit mir oder mit einem „Empathie-Buddy“ (mehr dazu am Ende des Textes). Je häufiger du dein „Ja“ hinter dem „Nein“ findest, desto besser wirst du dich selbst verstehen. Und mit dieser neuen Klarheit wirst du deine Familie überraschen können. Abgesehen davon, dass du höchstwahrscheinlich seltener „nein“ sagen wirst. Und deine Familie eine Menge über dich und deine Werte lernen wird.

Mehr zum Thema „Nein“ – dieses Mal aus Perspektive des Kindes – findest du auch hier.

Tipp #5:
Sicher sein, über dasselbe zu sprechen

Bei diesem Tipp geht es noch einmal um die Qualität des Zuhörens – wie du sicher weißt einem zentralen Element der Gewaltfreien Kommunikation.

Konflikte entstehen in unglaublich vielen Fällen dadurch, dass die Beteiligten einander missverstehen. So viel kann auf dem Weg zwischen dem Aussenden der Botschaft bis zum Aufnehmen dieser passieren. Oftmals sind wir uns darüber gar nicht bewusst! Und so interpretiert und sprechen beide Personen munter weiter und machen daraus ihre ganz eigenen Geschichten. Wenn es dann zum Knall kommt, stehen beide Beteiligten dann verwundert da und verstehen gar nicht, wie es dazu kommen konnte. Kommt dir das bekannt vor?

Bevor du als GFK-Übende:r versuchst,
– deine Botschaften ausschließlich in 4 Schritten zu formulieren
– alles, was du als „gewaltvoll“ kennengelernt hast, ab sofort zu vermeiden,
– so zu sprechen, dass beim Gegenüber kein Vorwurf ankommt und er dich „richtig versteht“:
Beginne wieder bei dir selbst: Und zwar indem du wiedergibst, was du vom Anderen / der Anderen gehört hast – und ob es das war, was die Person sagen wollte.

So geht’s: Hake bei (heiklen / wichtigen / kritischen) Gesprächen regelmäßig ein und melde zurück, was bei dir angekommen ist. Hier einige Formulierungsvorschläge:
Hm, okay, also: du meinst [Zusammenfassung in eigenen Worten]. Stimmt das?
Warte einen kleinen Moment, bitte. Ich möchte mal eben sicherstellen, dass ich dich da richtig verstanden habe. Als du sagtest [Zitat] – meintest du da [Formulierung in eigenen Worten]?“
Oh, damit ich dich da nicht missverstehe – du möchtest [Zusammenfassung in eigenen Worten]?“
Au weia, bei mir kommt da gerade ein Vorwurf an. Ist es ein Vorwurf?
Aha, dir geht es also darum, dass [Zusammenfassung in eigenen Worten]?“

Dies ist eine unkomplizierte und effektive Übung im achtsamen Zuhören. Du benötigst keinerlei Erfahrung im Formulieren von Gefühlen und Bedürfnissen. Im Grunde hat es gar nicht direkt mit GFK zu tun… Du kannst damit gleich loslegen.

Es wird sich recht schnell – womöglich sofort – etwas an der Kommunikation in deiner Familie ändern:
– Es kommt seltener zu Missverständnissen (bzw. diese werden schneller entdeckt).
– Diese Art des Zuhörens nährt bei den anderen ihr Bedürfnis nach „Gehört werden“.
Das wiederum führt erfahrungsgemäß zu einer höheren Zufriedenheit und innerer Ruhe.
Ein echtes Quick Win!

Tipp #6:
Achtsam sprechen

Du möchtest die Haltung der Gewaltfreien Kommunikation in deinen Alltag integrieren und in die Familie tragen? Prima! Dann möchte ich dich für einige Worte sensibilisieren, die eher dazu geeignet sind, missverstanden zu werden oder als Vorwurf anzukommen. Ersetze sie durch Worte, die klarer deine wertschätzende Haltung vermitteln.
In der Gewaltfreien Kommunikation geht es etwa darum, Verantwortung für sich zu übernehmen. Manchmal bringt ein einziges Wort oder eine konkrete Formulierung zum Ausdruck, dass wir Verantwortung übernehmen – oder eben abgeben…

Es handelt sich bei diesem Tipp um eine Technik-Übung. Vielleicht hast du schon mal von mir gehört, dass die Methode allein nicht reicht, um „gewaltfrei zu kommunizieren“. Gleichzeitig ist es erwiesen, dass Sprache unsere Haltung prägt; wir also mithilfe einer Technik auch ganz allmählich in die Haltung hineinwachsen können.

Spüre doch mal nach, wie es sich anfühlt, wenn du wie folgt ersetzt:
„warum?“ durch „aus welchem Grund?“.
„ich muss“ durch „ich will“ oder „ich werde“.
„aber“ durch „und gleichzeitig“.
„Ich habe das Gefühl, dass…“ durch „Ich habe den Eindruck, dass…“ / „Bei mir kommt an, dass…“
„Ich will das nicht“ durch „Ich hätte gern… (was anderes)“.
„ich will“ durch „mir ist wichtig, dass…“.
„man“ durch eine „ich“-Formulierung.
„Entschuldigung“ durch „es tut mir leid“ oder „ich bedaure, dass…“.
„immer“, „nie“ und „dauernd“ durch konkrete und präzise Beobachtungen.
„ich werde versuchen“ durch „ich beabsichtige“.

Tipp #7:
Einen Wortschatz für Gewaltfreie Kommunikation aufbauen

Gewaltfreie Kommunikation ist wie eine Fremdsprache: es braucht „Grammatik“ und es braucht „Vokabeln“. Haltung und Modelle (z.B. das 4-Schritte-Modell) bilden das grammatikalische Grundgerüst. Das Vokabular besteht im Wesentlichen aus Gefühls- und Bedürfnisworten.

Für die meisten von uns ist das präzise und explizite Benennen von Gefühlen und Bedürfnissen völlig ungewohnt. Wir brauchen Übung, um „flüssig sprechen zu können“. Je flotter wir uns ausdrücken können, desto weniger befremdlich wirkt die neue Sprache auf unser Umfeld. Desto höher wird die Akzeptanz der Veränderungen, die wir nun in die Welt tragen.

Hier kommt deshalb die vielleicht wichtigste Technik-Empfehlung:
Trainiere deinen Gefühls- und Bedürfniswortschatz! Lerne Vokabeln!

Lade dir dafür doch gerne direkt die „Bedürfnis-Schatzkarte“ herunter – so kannst du direkt gemeinsam mit deinem Kind starten.

Tipp #8:
Eigene Veränderungen anderen erklären

Kommen wir zu den „Risiken und Nebenwirkungen“ der Gewaltfreien Kommunikation. Angenommen, du setzt meine Tipps um. Insbesondere die, die das Schweigen und das Zuhören betreffen. Dann kann es passieren, dass deine Gesprächspartner:innen misstrauisch werden und sich von dir zurückziehen.

Warum?
Weil sie nicht wissen, was du da tust.

Vielleicht gehörst du auch zu denen, die gerne diskutieren? Im Gespräch zu vielem eine Meinung haben und diese auch gern kund tun? Vorwürfe hören und mit Rechtfertigung oder Gegenangriff reagieren…? Kontra geben?


Nun stell dir vor, quasi von heute auf morgen, hörst du deinem Kind oder deinem erwachsenen Gegenüber nur noch zu. Ohne einen Standpunkt zu äußern. Ohne zu analysieren und und zu bewerten. Keine Ratschläge mehr…
Die andere Person sagt etwas zu dir und du… schweigst!
Das kann sehr irritierend wirken!

Manchmal wirken diese Empathieversuche dann sogar manipulativ. Oh je!

Du kannst das verhindern!

So geht’s: Wenn du präsent bis, dann wird dir in Gesprächen ohnehin auffallen, wenn dein Gegenüber irritiert ist. Frag am besten sofort nach: „Ich sehe, du runzelst die Stirn – bist du irritiert?“
Erkläre deinen Mitmenschen, was du vorhast. Sag ihnen, dass du gern lernen möchtest, besser hinzuhören. Und es so sein kann, dass du weniger als gewohnt sprechen wirst. Bitte sie, dir zu sagen, wenn sie dich „komisch“ finden.
Erkläre ihnen, warum du neuerdings auf bestimmte Worte verzichtest und dafür andere Worte verwendest. Lade sie ein, dich dabei zu unterstützen, indem sie dich darauf aufmerksam machen, wenn du „altes“ Vokabular nutzt. Bezieh sie in deinen Veränderungsprozess ein, indem du ihnen deine Vision und deine nächsten Schritte erläuterst.

Sie müssen nicht mitmachen, sie müssen nicht zustimmen. Und vielleicht werden die Anderen ja mit der Zeit neugierig?

Tipp #9:
Verständlich und alltagstauglich sprechen

Eine der 10 Stolperfallen, in die Übende der Gewaltfreien Kommunikation gern hineintappen ist das starre Sprechen nach dem 4-Schritte-Modell von Marshall B. Rosenberg. Es ist das zentrale Modell der GFK, es wird in Seminaren und Übungsgruppen intensiv trainiert und geübt. Es ist ungemein hilfreich und zeigt sämtliche Stellen auf, wo unsere Kommunikation echte Verbindung verhindert.
Gleichzeitig sind die 4 Schritte, wenn sie wie im Lehrbuch praktiziert werden, sperrig, hölzern, geschwurbelt, mühsam. Künstlich.

Bevor du die 4 Schritte in deiner Familie „anwendest“: übe, sie in Umgangssprache auszudrücken.

Damit ist gemeint: Formuliere dein Anliegen mit einem Satzbau, wie du ihn sonst auch verwenden würdest und mit Worten, die dir und der anderen Person geläufig sind. Sodass es natürlich klingt. Flüssig.

Die größte Herausforderung stellen erfahrungsgemäß diese ganzen abstrakten und ungewohnten Bedürfnisbegriffe dar. Wenn „Authentizität“, „Integrität“ oder „Autonomie“ schon für Erwachsene keine leichte Kost ist – was sollen da erst die Kinder sagen?

Möchtest du die Gewaltfreie Kommunikation in umgangssprachlich lernen?
Mein Tipp: „Knüpfe“ dir die Bedürfnisse vor!
Gehe eine Bedürfnisliste Wort für Wort durch und überlege dir eine umgangssprachliche Erklärung jedes Begriffs. Lass dich inspirieren von den Listen, die es gibt, in denen bereits Übersetzungen ins „Straßengiraffische“ enthalten sind. Eine erhältst du von mir für 0 Euro zusammen mit der Bedürfnisschatzkarte. Entwickele dann am besten deine ganz eigene Übersetzung und lerne diese ebenso auswendig wie die Bedürfnisvokabeln. Mit der Zeit und mit praktischem Üben kommt dann die Natürlichkeit von allein.

Tipp #10:
Gewaltfreie Kommunikation ins Familienleben integrieren

Du fühlst dich inzwischen soweit sicher mit der Gewaltfreien Kommunikation und möchtest nun deine Familie einbeziehen?

Für den Anfang ist da mein Tipp eindeutig das Ritual „Feiern & Bedauern“. Es macht den meisten Kindern Freude, ist unkompliziert und einfach durchzuführen und fügt sich prima in typische Familienabläufe (z.B. das abendliche Zubettbringen) ein.

Zusammengefasst geht es darum, dass alle Familienmitlieder sich über die Erlebnisse des Tages austauschen. Sie „feiern“ ihre erfüllten Bedürfnisse und „bedauern“ ihre unerfüllten Bedürfnisse.

Der Wert für dich (du möchtest ja gern schnelle Erfolgserlebnisse erzielen) besteht darin, dass vor allem die Kinder recht zügig begreifen, was es mit den Bedürfnissen auf sich hat und ihren Bedürfnis-Wortschatz stetig erweitern. Du kannst sie mit ihren Gefühlen in Kontakt bringen. Du kannst sie unterstützen, den Zusammenhang zwischen Gefühlen und Bedürfnissen zu erkennen. Und gleichzeitig kannst du viel über das erfahren, was sie den Tag über bewegt hat und was für sie gerade wichtig ist.

Alle 10 Tipps auf einen Blick – schnelle Erfolge mit der Gewaltfreien Kommunikation:

1. Dort anfangen, wo du von anderen unabhängig bist: Selbstbeobachtung
2. Der größte Hebel in Gesprächen mit anderen: schweigend hinhören
3. Mit der schönsten Seite des aufrichtigen Selbstausdrucks beginnen: Danke sagen
4. Klarheit für dich selbst: das „Ja“ hinter deinem „Nein“ benennen
5. Ein Geschenk für deine Mitmenschen: zurückmelden, was du von ihnen gehört hast
6. Techniktraining für den Haltungswechsel: bestimmte Worte meiden und ersetzen
7. Deine Reaktionsgeschwindigkeit erhöhen: Wortschatztraining
8. Der anderen Person erklären, was du machst (und warum)
9. An Natürlichkeit gewinnen: Umgangssprache und Straßengiraffisch
10. GFK-Familienritual mit hoher Akzeptanz: das Feiern & Bedauern einführen

Bonus-Tipp:
Suche dir einen „Empathie-Buddy“, mit dem du gemeinsam Gewaltfreie Kommunikation übst

Vielleicht kennst du den Ausdruck ja schon aus GFK-Kursen. Ich habe Empathie-Buddys als Gleichgesinnte kennengelernt, die die Gewaltfreie Kommunikation entweder gemeinsam mit mir erlernen oder schon eine Weile praktizieren. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie empathisch zuhören können und meine inneren Prozesse im Einklang mit der GFK begleiten können.

Der Empathie-Buddy ist Sparring-Partner:in und Vorbild zugleich. Er oder sie kann deine Notfall-Nummer sein, wenn du ein offenes, vorbehaltloses Ohr brauchst. Ihr könnt dazu gezielt Verabredungen treffen (Empathie-Gespräche in bestimmten Abständen oder Ablauf von Notfall-Empathie).

Wo du einen Empathie-Buddy findest?

Na am besten dort, wo sich Menschen zum GFK-Lernen treffen. Also zum Beispiel in meinen Kursen. Aktuell läuft noch die Workshop-Reihe „Wellness für die Seele“ (gemeinsam mit Ramona Vetter). Hier haben Empathie-Gespräche ihren festen Platz. Oder abonniere meine Flaschenpost – dann bist du immer auf dem Laufenden!

Birthe

Mama von Zwillingen und einer Großen, Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und Journalistin, lernt mit Begeisterung neue Dinge. Sie schwankt zwischen Freude und Verzweiflung über ihre lebendige Familie.

10 Comments

  • nanuya sagt:

    Hallo ihr lieben, ganz toll wieder dieser Blog – ich freu mich schon auf Feiern und Bedauern, dass machen wir nämlich auch schon lange aber bisher ohne Bedürfnisse! 🙂

    Bei den Tipps bin ich an Punkt 4 hängen geblieben an der Stelle, wo ich aus einem Nein ein Ja inklusive „Was hältst Du davon“ machen würde.
    Da hatte ich mir doch vor einigen Jahren mühsam (;-)) das „Nein aus Liebe“ antrainiert, das ich bei Jesper Juul gelesen habe mit dem Gedanken: Sei die Leitwölfin – was Du nicht zur Diskussion stellen möchtest, das stelle auch nicht als diskutierbar in den Raum.
    Wie passt das zu eurem Tipp 4? Wie steht ihr dazu?

    • Verena sagt:

      Liebe Nanuya, danke für Deine Nachricht und die Wertschätzung, die ich daraus lese. Feiern und Bedauern – oh ja! 🙂

      Ich freue mich über Deine Frage zu Tipp #4. Gar nicht so einfach, das in wenigen Sätzen zu beantworten… ich versuchs. Könnte dazu auch einen eigenen Blogartikel verfassen…

      Vorab: ich habe das Buch „Nein aus Liebe“ gelesen und bin mit dem, was Juul da schreibt, größtenteils einverstanden. Vieles davon fließt in meine eigene Arbeit ein.

      Meinem Verständnis nach plädiert Jesper Juul in „Nein aus Liebe“ für dasselbe, was auch ich gemeint habe:
      Juul sagt im Prinzip, dass wir Eltern klar sein sollten in unseren Jas und Neins, und dass nur derjenige offen nein sagen kann, der in der Lage ist, zu sich selbst ja zu sagen. (Hast Du, Nanuya, ihn auch so verstanden?)
      Ziemlich genau das ist es, was passiert, wenn man unseren Tipp #4 konsequent umsetzt: Wenn ich das „Ja“ hinter meinem Nein suche, dann lande ich (wenn ich ehrlich zu mir selber bin) bei mir selbst und meinen eigenen Bedürfnissen. Mein „Nein“ zur Bitte des Kindes ist IMMER ein „Ja“ zu mir selbst.

      Für alle, die das Buch nicht kennen: Ich habe hier eine kurze Zusammenfassung gefunden.

      Deine Frage zielt aber, glaube ich, vor allem auf meine Formulierung „Was hältst du davon“ ab?
      Denkst Du, diese Formulierung verwischt die Klarheit des Neins, lädt zur Diskussion ein, und als Leitwölfin möchtest Du Dein „Nein“ nicht diskutieren?

      Hier meine Gedanken dazu:

      1. Die Formulierung ist als Einladung an mein Kind gedacht, mir mitzuteilen, wie es ihm mit meinem Nein geht und ob es meine Gründe gehört hat – diese vielleicht sogar nachvollziehen kann? Ich möchte ihm damit signalisieren, dass ich für seine Sicht Gehör habe; dass ich zwar machtvoll handele, wenn ich nein sage, ich jedoch in Verbindung bleiben möchte und es auch weiterhin mit seinen Bedürfnissen sehe.
      „Was hältst du davon?“ ist für mich eine möglichst kindgerechte Formulierung für „wie geht es dir mit meinem Nein?“. Ich könnte auch fragen „Hast Du dazu eine Meinung?“ „Was denkst Du dazu?“ Ich möchte, dass mein Kind mir all seine Gedanken mitteilt. Denn:

      2. Mein Kind muss mit meinem Nein nicht einverstanden sein! Natürlich wäre es toll (weil leichter für mich), wenn es einsichtig wäre, wenn es meine Beweggründe verstehen würde. Aber wer hört schon gern ein Nein?
      Mir ist wichtig, dass wir Eltern von heute weg kommen von dem „Nein, und damit basta!“
      Das ist das Nein, das ich aus meiner Kindheit kenne: Eltern bestimmen (manchmal ohne Begründung) und ich habe das gefälligst klaglos hinzunehmen.
      Ich möchte hin zu einem „Ich sage nein zu deinem Wunsch (nicht Bedürfnis!!), weil ich jetzt gerade „Ja“ zu meinen eigenen Bedürfnissen sagen will, und es ist okay, wenn du das doof findest, ich halte das aus; ich sehe deine Bedürfnisse, die da in Mangel geraten und begleite dich durch deine Wut und deine Trauer. Gleichzeitig will ich gut für mich selber sorgen.“

      3. Die für mich zentrale Frage ist: was bin ich bereit zu diskutieren, und was nicht?
      Ich bin nicht bereit, Bedürfnisse zu diskutieren. Weder meine eigenen noch die meiner Kinder. Ich bin – wenn ich genügend Kraft dafür habe (!!!) bereit, über Strategien / Vorschläge / Handlungen / Zeitpunkte usw. zu diskutieren. Mein Nein zum Wunsch des Kindes ist kein Nein zu seinem Bedürfnis, und mein Ja zu meinen Bedürfnissen ist (rein theoretisch) offen für verschiedene Strategievorschläge.

      Ja! Ich diskutiere viel und oft und ausgiebig.

      Was ich am häufigsten nach einem „Nein“ diskutiere, ist die (natürlich verklausulierte) Frage meines Kindes „Warum ist es nötig, Mama, dass du jetzt gerade von deiner Macht Gebrauch machst und damit meine Autonomie, meine Integrität, meine Freiheit einschränkst? Gibt es nicht noch einen anderen Weg, zu bekommen, was du brauchst, Mama, außer diesem „Nein“? Bist du sicher, dass dies die einzige Option ist, dass sonst gar nichts mehr geht?“

      Mein Kind sucht hier die Leitwölfin: Mama, stehst du zu deinem Nein? Ist es ein „echtes“ Nein? Bist du verlässlich, kann ich dir vertrauen? Oder ist es ein willkürliches Nein? Ist es ein nein aus erzieherischen, moralischen, fremdbestimmten Gründen? (Wenn ich das „Ja“ hinter meinem „Nein“ kenne und kommunizieren kann, dann bin ich klar und authentisch und aufrichtig).

      Ich finde, dass jede Minute, die ein Kind sich für die eigene Integrität und für sein Recht auf Selbstbestimmung / Mitbestimmung engagiert (indem es z.B. mit uns diskutiert), kostbar ist.
      Meine Bereitschaft, in die Diskussion zu gehen, Zeit und Energie zu investieren und Präsenz zu schenken, ist meine Art der Wertschätzung dieses Engagements.

      Liebe Nanuya, langer Text… Ist Deine Frage beantwortet? Wie denkst Du darüber?

  • Tanja sagt:

    Total genial, liebe Verena, so klar und hilfreich! Am liebsten mag ich Tipp 3, hätte ich den damals gekannt, oh, das wäre leicht und schön gewesen! Danke für deinen euren Blog! Liebe Grüße und ich freu mich auf alles weitere mitzuverfolgen🧡

  • Anne sagt:

    Liebe Verena,
    zufällig bin ich auf eure Homepage gestoßen und – was soll ich sagen? – ihr füllt mein Defizit im praktischen Umgang mit der GFK extrem auf. Vielen Dank dafür!

    Bei Punkt #6 habe ich noch eine Idee (inspiriert durch meine Kollegin): Ersetze ein „warum“ durch ein „wozu“; oder in diesem Fall auch durch ein: Zu welchem Zweck…; was möchtest du erreichen? Hierdurch ändert sich die rückwärtsgerichtete „Warum“-Sichtweise in eine vorwärtsgerichtete „Wozu“-Sichtweise.

    Liebe Grüße
    Anne

    • Verena sagt:

      Hallo liebe Anne, danke für dein wertschätzendes Feedback und fürs Teilen Deiner Begeisterung! Ja! Ein „Warum“ ersetzen durch eine andere Formulierung, danke für die wertvolle Ergänzung zu dem Text oben!
      Ich erinnere mich, ein Video mit Marshall Rosenberg gesehen zu haben, in dem er erläutert, inwiefern das Wort „warum“ bei uns Menschen oft negative Gefühle und Widerstand auslöst.
      Wenn wir fragen „Aus welchem Grund hast du… gemacht“, dann transportiert das besser unsere Haltung und Grundannahme, dass der andere seinen guten Grund für sein Handeln gehabt hat und dass uns dieser Grund interessiert um besser zu verstehen. Das „Warum“ impliziert für viele „es war nicht okay“.
      Geht es dir mit dem „Warum“ auch so?

      • Anne sagt:

        Hallo liebe Verena!

        Ja, das „Warum“ transportiert auch meiner Meinung nach die „Du bist/handelst nicht o.k.“-Botschaft und impliziert eine versteckte, negative Bewertung durch den Fragenden. Den Eindruck habe ich gleichwohl bei der „Aus welchem Grund…“-Frage. Nach Gründen zu fragen ist ein Ritt auf der Wertungs-Rasierklinge, wenig empathisch und eine heikle Sache in Bezug auf die Lebendigkeit der Gefühle und Bedürfnisse. Falls möglich, versuche ich darauf zu verzichten und wende die Methode von Tipp #5 „Ein Geschenk für den anderen: zurückmelden, was du von ihm verstanden hast“ an.

        Und wenn ich jetzt beim Schreiben darüber so explizit nachdenke, frage ich mich gerade, ob wir überhaupt einen Ersatz für das „Warum“ benötigen? Ist nicht immer das Feedback der empathische, lebensverbindende, wertfreie, gewaltfreie Weg und eine Frage nach Gründen und Absichten ohne Feedback (Tipp #5) gewalttätig? Was meinst du, Verena?

        • Verena sagt:

          Puh, hey, interessanter Impuls, der lädt mich zum Nachdenken ein. Ist es nicht immer gewalttätig nach Gründen zu fragen? Hm. Mein erster Gedanke ist (was ich gern auch in meinen Seminaren immer wieder betone): solange wir in guter Verbindung zu unserem Gegenüber sind, ist es fast egal, welche Formulierung und welche Worte wir wählen, die Verbindung ist das Wesentliche. Es geht also vor allem um Fälle, in denen die Verbindung auf wackeligem Grund steht oder gar nicht vorhanden ist – in diesen Fällen sind ohnehin Feedback (was ich von dir gehört habe und wie es mir damit geht) und Beziehungsbitten (kannst du mir sagen, was du gehört hast und wie es dir damit geht) meine erste Wahl und grundsätzliche Empfehlung.
          Die „Warum“, „Wozu“ und „Aus welchem Grund“-Frage steht für mich für das Bedürfnis „Verstehen“, „Klarheit“, „Orientierung“ – wenn ich meinem Gegenüber vorher deutlich mache, dass es diese Bedürfnisse sind, die mich antreiben, kann er/sie, glaube ich, ganz gut auch solche Worte hören.
          Insofern lautet meine Antwort auf deine Frage möglicherweise:
          Entweder, die Verbindung ist da – dann kann ich auch „warum“ fragen. Oder die Verbindung ist nicht da – dann sind Empathie und Feedback das Mittel der Wahl. Deshalb: nein, einen „Ersatz“ für „Warum“ braucht es nicht. Nur eine Bewusstheit, dass das Wort „Warum“ dazu führen kann, dass die Verbindung abbricht und deshalb eine erhöhte Achtsamkeit im Umgang mit diesem Wort.
          Was meinst du, Anne?

          • Anne sagt:

            Ich erinnere mich (hoffentlich richtig 😊) an ein Interview zwischen Gabriele Seils und Marshall B. Rosenberg, in dem sie u. a. den Beginn einer Situation durchspielen – in dem Fall: Kind/Jugendlicher geht nicht zur Schule und Mutter ist darüber stinkig. Frau Seils spielt die Mutter und führt mit ihrem Kind (Marshall) ein einfühlsames Gespräch in Bezug auf die Gefühle/Bedürfnisse des Kindes. Marshall B. Rosenberg zeigt bei diesem Spiel, wie schnell sich die Mutter von der Gefühlswelt des Kindes durch fehlgeleitete Kommentare und richtungsbestimmende Fragen entfernt und dem Kind damit die Möglichkeit nimmt, mit seinen Gefühlen in lebendigem Kontakt zu bleiben. Deshalb betont Marshall B. Rosenberg dort, wie wichtig es sei, die ganze Zeit bei den Gefühlen und der Lebendigkeit des Kindes zu bleiben. Vielleicht kennst du das Interview auch?

            Dieses kleine Beispiel war für mich sehr erhellend und hat mir gleichzeitig gezeigt, wie schwer es ist, offen und empathisch zu bleiben. Ich denke, durch direkte Fragen nach Gründen lenken wir den Fokus immer in eine bestimmte Richtung und schneiden die Lebendigkeit und Vielfältigkeit der Gefühle/Bedürfnisse ab, oder nehmen es zumindest in Kauf.

            Mir persönlich fällt es in Konflikt- oder Zuhörsituationen noch schwer, ohne Warum, ohne Lösungsvorschläge, ohne Wertung zu bleiben – vor allem im Kontakt mit meiner Tochter (9 Jahre). Trotzdem klappt gerade die empathische Kommunikation mit ihr noch am besten 😉

            Deshalb sehe ich das „Warum“ ähnlich wie du: Wenn die Verbindung stimmt und es die Beteiligten bei der Konfliktlösung unterstützt: why not? Oftmals handelt es sich doch um kleine, alltägliche Konflikte mit nur wenig Tiefgang. Da hält die Konfliktklärung auch ein Warum, nur so halbperfekte GfK und Lösungsfindung mit kleinen Ratschlägen aus. Wahrscheinlich sind die positive Zugewandtheit und eigene Authentizität da von viel größerer Bedeutung als das Warum im Gespräch.
            Bei grundlegenden, richtungsweisenden, entwicklungsrelevanten, starken Konflikten – wie die Schulgeschichte aus dem Beispiel – ist vielleicht mehr Achtsamkeit bei der Gesprächsführung wichtig, damit diese auch tatsächlich gelingt und die Lebendigkeit sowie Offenheit bestehen bleibt.

            Womöglich passt auch hier wieder der Spruch perfekt: „Kommt drauf an…“ 😉

            mit der Ergänzung: „… und versuche so wenig wie möglich auf direktem Wege nach Gründen zu fragen.“

  • Anne sagt:

    Fazit: Ich denke, es kommt sowohl auf die Verbindungsqualität zwischen den Beteiligten als auch auf die „Intensität“ des Konfliktes an.

    Und danke, Verena, für den Austausch *Blumenstrauß*.

  • Anne sagt:

    Ich erinnere mich (hoffentlich richtig 😊) an das Interview zwischen Gabriele Seils und Marshall B. Rosenberg, in dem sie u. a. den Beginn einer Situation durchspielen – in dem Fall: Kind/Jugendlicher geht nicht zur Schule und Mutter ist darüber stinkig. Frau Seils spielt die Mutter und führt mit ihrem Kind (Marshall) ein einfühlsames Gespräch in Bezug auf die Gefühle/Bedürfnisse des Kindes. Marshall B. Rosenberg zeigt bei diesem Spiel, wie schnell sich die Mutter von der Gefühlswelt des Kindes durch fehlgeleitete Kommentare und richtungsbestimmende Fragen entfernt und dem Kind damit die Möglichkeit nimmt, mit seinen Gefühlen in lebendigem Kontakt zu bleiben. Deshalb betont Marshall B. Rosenberg dort, wie wichtig es sei, die ganze Zeit bei den Gefühlen und der Lebendigkeit des Kindes zu bleiben. Vielleicht kennst du das Interview auch?

    Dieses kleine Beispiel war für mich sehr erhellend und hat mir gleichzeitig gezeigt, wie schwer es ist, offen und empathisch zu bleiben. Ich denke, durch direkte Fragen nach Gründen lenken wir den Fokus immer in eine bestimmte Richtung und schneiden die Lebendigkeit und Vielfältigkeit der Gefühle/Bedürfnisse ab, oder nehmen es zumindest in Kauf.

    Mir persönlich fällt es in Konflikt- oder Zuhörsituationen noch schwer, ohne Warum, ohne Lösungsvorschläge, ohne Wertung zu bleiben – vor allem im Kontakt mit meiner Tochter (9 Jahre). Trotzdem klappt’s gerade in der Kommunikation mit ihr noch am besten 😉
    Deshalb sehe ich das „Warum“ ähnlich wie du: Wenn die Verbindung stimmt und es die Beteiligten bei der Konfliktlösung unterstützt: why not? Oftmals handelt es sich doch um kleine, alltägliche Konflikte mit nur wenig Tiefgang. Da hält die Konfliktklärung auch ein Warum, nur so halbperfekte GfK und Lösungsfindung mit kleinen Ratschlägen aus. Wahrscheinlich sind die positive Zugewandtheit und eigene Authentizität da von viel größerer Bedeutung als das Warum im Gespräch.
    Bei grundlegenden, richtungsweisenden, entwicklungsrelevanten, starken Konflikten – wie die Schulgeschichte aus dem Beispiel – ist vielleicht mehr Achtsamkeit bei der Gesprächsführung wichtig, damit diese auch tatsächlich gelingt und die Lebendigkeit sowie Offenheit bestehen bleibt.

    Fazit: Möglicherweise kommt es sowohl auf die Verbindungsqualität zwischen den Beteiligten als auch auf die „Intensität“ des Konfliktes/Themas an, ob eine direkte Frage nach Gründen dem offenen, empathischen Gespräch schaden kann.

    Siehst du das auch so, Verena?

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