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Du willst Gewaltfreie Kommunikation (GFK) mit deinen Kindern ausprobieren und wünschst dir für deine Familie ein Miteinander auf Augenhöhe? Prima! Denn die GFK unterstützt dich im Zusammensein mit Kindern nicht nur, Konflikte friedvoll(er) zu lösen. Nein, sie hilft dir generell, eure Beziehung und Bindung zu stärken. Damit du direkt loslegen kannst, erfährst du hier mehr über die Methode (die berühmten 4 Schritte), die dahinterliegende Haltung, mögliche Fallstricke und natürlich, wie du GFK in deinem Alltag ganz konkret umsetzt.

Gewaltfreie Kommunikation in der Familie oder Wie willst du mit deinen Kindern reden?

Lass uns zunächst auf dein persönliches „Warum“ für die Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern schauen. Sicher erinnerst du noch Sätze oder Situationen aus deiner eigenen Kindheit, die dich verletzt oder zumindest verunsichert haben. Vielleicht hängt manches davon dir sogar noch so nach, dass es dich bis heute in deinem Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst.

Da du den Weg hierher gefunden hast, nehme ich Folgendes an:

  • Du willst, dass deine Kinder das nicht (oder zumindest so wenig wie möglich) erleben. Sie sollen sich nicht klein, dumm, ungeliebt, nicht genug etc. fühlen – sondern geliebt, angenommen, wertvoll, stark und einfach nur gut so wie sie sind.
  • Du wünschst dir einen achtsamen, wertschätzenden Umgang mit Sprache.
  • Du willst für dich einstehen und dich klar mitteilen – ohne deine Kinder dabei herabzuwürdigen oder zu belehren.
  • Du möchtest, dass alle Bedürfnisse zählen und ihr in der Familie rücksichtsvoll miteinander umgeht.
  • Dir ist wichtig, dass deine Kinder Empathie lernen.
  • Sie sollen keine Angst haben, mit dir über alles sprechen zu können – auch, wenn es mal Konflikte gibt.

Die Gewaltfreie Kommunikation kann einen wertvollen Beitrag zu einem friedvollen, vertrauens- und respektvollen Miteinander in der Familie leisten. Doch wie genau geht Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern? Auf was kommt es dabei an? Was sind die Fallstricke?

Gewaltfreie Kommunikation in einem Satz: Du bist okay, ich bin okay - und wir finden einen Weg.

Was ist Gewaltfreie Kommunikation? Ein schneller Überblick

Der amerikanische Psychologe Marshall B. Rosenberg hat die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) in den 1960er Jahren entwickelt. Er stellte sich damals zwei Fragen:

  1. Wie schaffen es manche Menschen, trotz Widrigkeiten einfühlsam zu bleiben?
  2. Was trägt dazu bei, das Menschen mehr oder weniger gewaltbereit sind?

Seine Erkenntnis: Unsere Art zu denken und mit uns selbst oder anderen zu reden, prägt wie empathiefähig oder gewaltbereit wir sind.

Das Ziel der Gewaltfreien Kommunikation ist Verbindung

Wenn du die Gewaltfreie Kommunikation anwendest, hilft sie dir, mit deinen Kindern in Verbindung zu kommen. Und diese Verbindung oder Beziehung, so Rosenbergs Überzeugung, ermöglicht es erst, Dinge auf Augenhöhe anzusprechen. Ein bekanntes Zitat von ihm lautet: „Connection before Correction.“ Was soviel heißt wie: „Gehe erst mit deinem Gegenüber in Verbindung (schaue, dass die Beziehung stimmt), ehe du beispielsweise unangenehme Themen auf die Tagesordnung bringst.“

Die Gewaltfreie Kommunikation ist eine Methode, die uns dabei unterstützen kann, nach und nach in eine bestimmte Haltung hineinzuwachsen: Du bist okay und ich bin okay. Es gibt keinen Grund für Machtkämpfe, für einen Streit über „richtig“ und „falsch“ – denn unser Ziel ist tiefes, gegenseitiges Verständnis. Verbindung. Echte Begegnung. Oder anders gesagt: Was wir BRAUCHEN (Bedürfnisse) ist selten das Problem. Für Streit sorgt eher die Frage, wie wir es BEKOMMEN (Strategie). Mehr dazu liest du im übernächsten Absatz (Grundannahmen der Gewaltfreien Kommunikation).

Wichtige Grundannahmen

Die Gewaltfreie Kommunikation geht von einem humanistischen Menschenbild aus. Das bedeutet – ganz verkürzt gesagt – alle Menschen haben haben das gleiche Recht, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen und freiheitlich zu leben. Zudem geht der Humanismus davon aus, dass jeder Mensch einzigartig und vom Wesen her gut ist , also niemandem bewusst schaden will.

Das solltest du im Kopf haben, wenn es um GFK geht. Denn das heißt unter anderem auch: Kinder machen nichts aus dem Antrieb heraus, dich zu ärgern. Sie sind, ganz im Gegenteil, sehr an Kooperation interessiert.

Hier die für mich wesentlichen Grundannahmen in der Gewaltfreien Kommunikation:

  • Alle Menschen haben dieselben Bedürfnisse.
  • Alles, was Menschen jemals tun, ist der Versuch, eigene Bedürfnisse zu befriedigen.
  • Gefühle sind der Ausdruck erfüllter oder unerfüllter Bedürfnisse.
  • Menschen tragen von Herzen gern zum Wohlergehen anderer bei, wenn sie es freiwillig tun können und die eigenen Bedürfnisse erfüllt sind.

Gerade der Blick HINTER das Verhalten und auf die Bedürfnisse, ist im Zusammensein mit Kindern absolut wertvoll. Denn wenn du herausfindest, was dein Kind gerade WIRKLICH BRAUCHT oder welchen GUTEN GRUND es hat, etwas zu tun, wächst nicht nur dein Verstängnis. Nein, es weitet sich auch der Blick. Plötzlich haben wir eine Fülle an möglichen Strategien.

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Das 4 Schritte Modell in der Gewaltfreien Kommunikation

Das Herzstück der Methode ist das so genannte 4-Schritte-Modell (Marshall Rosenberg selbst sprach übrigens nie von Schritten, sondern von den „vier Komponenten“). Ich gehe weiter unten detailliert darauf ein – vor allem auch, wie du die 4 Schritte kindgerecht anleiten und in euren Familienalltag integrieren kannst. Die Grafik verschafft dir einen schnellen Überblick:

Das Herz der Gewaltfreien Kommunikation: Die 4 Schritte

Technisch gesehen könntest du die 4 Schritte wie folgt in einen Satz einbauen:

„Wenn ich sehe / wenn ich höre [Beobachtung] dann fühle ich mich / bin ich … [Gefühl]… weil ich [Bedürfnis] brauche / weil ich mir [Bedürfnis] wünsche… ich möchte [Bitte] / bist du bereit [Bitte] zu tun?“

Warum das nicht sinnvoll ist und wie du stattdessen die Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern nutzt, liest du weiter unten.

Die 3 Säulen in der Gewaltfreien Kommunikation

Du kannst dir die Gewaltfreie Kommunikation vorstellen wie ein Haus, das aus drei Säulen aufgebaut ist:

Die Selbstempathie (auch Selbsteinfühlung genannt) kannst du dir wie einen inneren Dialog vorstellen. Dieses Wahrnehmen der eigenen Gefühle und Bedürfnisse, also die „einfühlsame Verbindung“ zu dir selbst, ist die Voraussetzung für ein wertschätzendes, verbindendes Gespräch mit deinem Kind.

Das einfühlsame, empathische Zuhören hat allein zum Ziel, mit der vollen Aufmerksamkeit beim Gegenüber zu sein und so vorbehaltlos wie möglich aufzunehmen, was dieses sagt (oder auch nicht sagt). Gar nicht so leicht. Und doch der absolute Schlüssel für ein friedvolles Miteinander.

Und um gleich mal mit einem Vorurteil aufzuräumen: Gewaltfreie Kommunikation heißt NICHT, dass du immer zu deinen Kindern lieb und nett bist. Nein, mit dem authentischen Selbstausdruck sagst du klipp und klar, was dir wichtig ist. Was du fühlst. Was du brauchst. Natürlich möglichst achtsam und ohne dabei verbale Gewalt anzuwenden.

In der Kommunikation mit Kindern (und natürlich auch mit Erwachsenen) sind alle drei Fähigkeiten gefragt – oft ist es ein wahres Ping-Pong zwischen Empathie, Selbstausdruck und Selbstempathie. Und auch, wenn wir in „echten“ Situationen munter hin und her wechseln, kannst du jeden dieser Bereiche einzeln trainieren. Wenn du mehr dazu wissen willst, klicke einfach das jeweilige Wort in der Aufzählung an. Ich habe dir weiterführende Blog-Beiträge verlinkt. Oder schau mal im GFK-Lexikon vorbei.

Das Ziel der Gewaltfreien Kommunikation ist immer Verbindung. Zu mir und zu anderen.

Was ändert sich durch die Gewaltfreie Kommunikation?

Ich sag’s mal ganz direkt: Wenn du unkritische und folgsame Kinder willst, dann lass‘ lieber die Finger von der Gewaltfreien Kommunikation. 😉 Denn es stimmt zwar, dass die GFK die Verbindung und die Beziehung stärkt, doch das bedeutet keinesfalls, dass ihr in Zukunft weniger Konflikte habt oder dein Gegenüber nur noch freudestrahlend das tut, was du von ihm möchtest.

Zunächst einmal ist es sogar so, dass deine veränderte Art der Kommunikation mit den Kindern für Irritationen sorgen kann. Bei den Kindern selbst, bei Partnerin oder Partner sowie bei dem gesamten Umfeld.

Risiken und Nebenwirkungen der Gewaltfreien Kommunikation einerseits – und starke, resiliente Kinder andererseits

Ich habe vor einiger Zeit mal 10 Punkte zusammengestellt, die sich durch die Gewaltfreie Kommunikation in meinem Leben verändert haben und daraus Thesen aufgestellt. Du kannst den Text – inklusive „Gefahren“ und Lösungsideen – hier nachlesen.

Wenn du allerdings Kinder haben möchtest, die später nicht nur aus Pflichtgefühl Dinge tun oder weil jemand mit negativen Konsequenzen droht sondern du deine Kinder dazu ermutigen willst, selbstbestimmt und selbstbewusst durchs Leben zu gehen…

…ja dann: Go for it! Dann ist die Gewaltfreie Kommunikation genau das richtige für dich und deine Kinder. Ich persönliche glaube ja, dass dies die wahre „Superpower“ ist, die unsere Kinder im Leben benötigen: Zu wissen, was sie selbst wollen. Für sich einstehen zu können. Und gleichzeitig im Blick zu haben, was die anderen Menschen gerade brauchen und was denen wichtig ist. Wie viel friedvoller wäre unsere Welt, wenn alle so handeln würden?

Falls du dich jetzt fragst, ob Gewaltfreie Kommunikation auch mit gefühlsstarken, neurodivergenten, besonders sensiblen Kindern etc. „funktioniert“: Ich habe aus meinen eigenen Erfahrungen heraus aufgeschrieben, wie die Gewaltfreie Kommunikation bei AD(H)S und Co. unterstützen kann. Noch ausführlicher steht das alles in meinem Buch „Die Kraft der Worte bei ADHS – Kinder und Jugendliche mit Gewaltfreier Kommunikation stärken“. Du kannst es ab sofort hier bestellen.

Unser persönlicher Weg als Familie mit der Gewaltfreien Kommunikation

Und wenn du sozusagen den Blick durchs Schlüsselloch in meine Familie und unseren Weg mit der GFK werfen willst, dann abonniere doch meine „Flaschenpost“. Ich schicke dir alle 14 Tage sehr persönliche Einblicke, immer verbunden mit Impulsen für dich und deinen Familienalltag. Hier kannst du dich für die Flaschenpost eintragen.

Gewaltfreie Kommunikation schafft Verbindung zu den Kindern
Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern heißt auch: Alle Gefühle dürfen sein. Dazu Marshall B. Rosenberg: „Ich denke, das Ziel im Leben ist es nicht, immer glücklich zu sein, sondern all unser Lachen zu lachen und all unsere Tränen zu weinen.“

Die 4 Schritte in der Gewaltfreien Kommunikation in „kindgerecht“ – mit Beispielen

Wie kannst du denn nun die Gewaltfreie Kommunikation deinen Kindern erklären? Lass uns mal die 4 Schritte an Hand von Beispielen durchgehen.

Schritt 1 in der Gewaltfreien Kommunikation:

Der 1. Schritt in der Gewaltfreien Kommunikation ist die Beobachtung.

Eine Beobachtung ist all das, was wir – und andere ebenfalls – mit den Sinnen wahrnehmen können: sehen, hören, fühlen, schmecken, riechen. Oder vereinfacht aus gedrückt: Alles, was eine Videokamera aufzeichnen könnte, ist eine wertfreie Beobachtung. Das kann dann in der Tat so klingen, wie eine Regieanweisung. Macht den Test: Könnte eine fremde Person die Situation mit deiner Beschreibung nachspielen?

Das Gegenteil von einer Beobachtung ist eine Bewertung. Wir sagen, was wir über die Situation oder eine Person denken. Oder um im Bild mit der Kamera zu bleiben: Was würde ein Filmkritiker über unser Video sagen?

Ein Beispiel: Aus der Bewertung „Ständig streitet ihr Kinder.“ wird ein „Das ist der siebte Streit innerhalb von zwei Stunden.“

Der zweite Satz ist zunächst einfach nur eine Feststellung. So ist die Situation. Darüber reden wir hier. Und deswegen ist die Beobachtung so hilfreich. Mit ihr finden wir einen gemeinsamen Ausgangspunkt für das Gespräch.

Zudem vermeiden wir Widerstände oder Missverständnisse. Denn wir sprechen ja von einer Tatsache, orientiert an Zahlen, Daten und Fakten (ZDF). So spürt unser Gegenüber im besten Fall keine „Bedrohung“ bzw. keinen „Angriff“.

Schließlich hilft die Beobachtung sehr dabei, etwas Abstand zu bekommen. Vor allem, wenn wir aufgebracht sind oder uns viele Gedanken über etwas oder jemanden machen.

Du willst mehr lesen zum Thema Beobachtung? Dann schau doch mal hier: Beobachten ohne zu bewerten.

Schritt 2 in der Gewaltfreien Kommunikation:

Der 2. Schritt in der Gewaltfreien Kommunikation ist das Gefühl.

Gefühle sind so etwas wie unsere Signalleuchte. Ist alles im grünen Bereich? Dann haben wir Gefühle, die wir als angenehm empfinden wie Freude oder Zuneigung. Diese angenehmen Gefühle deuten auf erfüllte Bedürfnisse hin. Unangenehme Gefühle hingegen (wie Wut, Traurigkeit, Angst) sind so etwas wie unsere rote Warnleuchte die uns sagt: Schau mal hin! Hier stimmt was nicht. Oder anders gesagt: Bedürfnisse sind unerfüllt. Zu den Bedürfnissen liest du unter Schritt 3 noch mehr.

Oftmals wissen wir nur gar nicht so genau, was wir wirklich fühlen. Weil wir mehr im Kopf feststecken als in unseren Körperempfindungen (wie Gänsehaut, Ziehen im Magen, Kribbeln im Bauch, Wärme…). Deswegen lassen sich Gefühle auch schnell mal mit Gedanken verwechseln. Und manchmal „tarnen“ sich Gedanken auch als Gefühle (=Pseudogefühl).

Ein Beispiel: Wenn die Kinder streiten kann ich nun meinen Gedanken äußern: „Das hört echt überhaupt nicht mehr auf. Ihr wollt mir nur auf die Nerven gehen.“ Oder aber ich drücke aus, welche Gefühle der Streit in mir auslöst: „Ich sorge mich, dass etwas kaputt geht / ihr euch weh tut.“ Oder: „Ich bin genervt von der Lautstärke.“

Der Vorteil, wenn du lernst, deine Gefühle von deinen Gedanken zu trennen: Du bist in diesem Moment ganz bei dir und nicht in der Beurteilung des Gegenübers. Du verlässt die Opferrolle und übernimmst aktiv die Verantwortung.

Du willst mehr lesen zum Thema Gefühl? Dann schau doch mal hier: Gefühle wahrnehmen und ausdrücken.

Schritt 3 in der Gewaltfreien Kommunikation:

3. Schritt in der Gewaltfreien Kommunikation - das Bedürfnis.

Das Bedürfnis ist für mich das Herzstück der Gewaltfreien Kommunikation. Wenn wir nochmal bei unserem Bild von den Gefühlen als Signalleuchte bleiben, können wir sagen: Das Bedürfnis ist unser Treibstoff. Wenn ich ein Auto mit Dieselmotor fahre, sollte ich auf keinen Fall Benzin tanken. Der Motor würde schweren Schaden nehmen.

Genau das machen wir jedoch manchmal mit uns selbst. Wir versuchen uns mit dem falschen „Treibstoff“ zu betanken.

Wir essen zum Beispiel Schokolade, weil wir uns einsam fühlen – statt uns mit unseren Freunden zu treffen. Wir versuchen also unser Bedürfnis nach GEMEINSCHAFT mit NAHRUNG zu stillen. Das kann nicht klappen!

Deswegen ist es so wichtig, hinter das Verhalten zu schauen und zu überlegen, welches Bedürfnis, also welcher „gute Grund“ dahinter stecken könnte. Denn:

  • Alle Menschen haben die gleichen Bedürfnisse.
  • Mit allem was wir tun, versuchen wir uns ein Bedürfnis zu erfüllen.
  • Die Art und Weise WIE wir versuchen zu bekommen (= Strategie), was wir BRAUCHEN, kann zerstörerisch sein oder zu Streit führen.

Nochmal zu unserem Beispiel: Was brauchen Menschen wohl, denen es zu laut ist und die dadurch gestresst sind? Ruhe? Rückzug? Rücksichtnahme? Darum können wir im nächsten Schritt ganz konkret bitten.

Du willst mehr lesen zum Thema Bedürfnis? Dann schau doch mal hier: Die Schatzkammer der GFK: Bedürfnisse und Werte.

Schritt 4 in der Gewaltfreien Kommunikation:

Der 4. Schritt in der Gewaltfreien Kommunikation ist die Bitte.

Nachdem wir wissen, was geschehen ist (1. Schritt – Beobachtung), was das bei uns ausgelöst hat (2. Schritt – Gefühl) und was wir brauchen (3. Schritt – Bedürfnis), ist es nun nur logisch, nach konkreten Ideen zu suchen, wie wir es bekommen können.

Dafür gibt es in der Gewaltfreien Kommunikation den 4. Schritt, die Bitte:

  • Eine Bitte können wir an einen anderen Menschen oder an uns selbst richten.
  • Hinter der Bitte steckt die Idee, das Leben schöner zu machen.
  • Die Bitte ist eine Einladung – sie setzt auf Freiwilligkeit!
  • Druck, Zwang, Einschüchterung oder Bestechung fallen daher weg.

Bitten sind so formuliert, dass dein Gegenüber auch NEIN sagen kann. Außerdem sind sie konkret, positiv formuliert, bezogen auf das Hier und Jetzt und erfüllbar durch die angesprochene Person.

Zurück zu unserem Beispiel und einer möglichen Bitte: „Könnt ihr beiden einen Moment oben spielen gehen, damit ich mich 10 Minuten ausruhen kann?“ Andere Variante: „Könnt ihr mir sagen, was ihr braucht, damit es weniger Streit gibt? Was ist dir wichtig (Kind 1 ansprechen) und was dir (Kind 2 ansprechen)?“

Vielleicht fragst du dich jetzt: Was passiert, wenn dein Gegenüber deine Bitte ablehnt? Dazu habe ich einen eigenen Text geschrieben. Du findest ihn hier. Weitere Einwände spreche ich auch nochmal im nächsten Absatz an.

Wichtig zu wissen ist noch, dass es verschiedene Arten von Bitten gibt.

  1. Bitte um Rückmeldung: Was hast du von mir gehört / verstanden?
  2. Bitte um Verbindung: Wie geht es dir mit dem, was du von mir gehört hast?
  3. Bitte um eine Handlung: Bitte schreibe mir eine Nachricht, sobald du angekommen bist.
  4. Bitte an mich selbst: Wie kann ich mir mein Bedürfnis ohne eine andere Person selbst erfüllen?

Du willst mehr lesen zum Thema Bitte? Dann schau doch mal hier: 5 Gründe, warum Bitten scheitern.

Auf die Haltung kommt es an – Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern „funktioniert“ nicht

Wie oft habe ich das schon gehört: „In der Theorie klingt das ja alles schön und gut. Aber in der Praxis funktioniert Gewaltfreie Kommunikation nicht. Erst recht nicht mit Kindern.“ Denn da, das ist der nächste Einwand, ist im Alltag einfach viel zu wenig Zeit, die Methode ist zu kompliziert und außerdem „können wir ja auch nicht jeden Pups ausdiskutieren“.

Und ja, es gibt in der Tat eine ganze Reihe von Stolperfallen, in die wir bei der GFK mit Kindenr tappen können. Beispielsweise, dass wir plötzlich in langen, verschachtelten, komplizierten Sätzen mit dem Kind reden. Eben in den vier Schritten laut Lehrbuch. So wie es eben – zu Übungszwecken in Büchern, Podcasts und Seminaren vermittelt wird. Doch was eh viel, viel wichtiger ist als das WAS wir sagen ist WIE wir es sagen.

Ich meine damit, welche Haltung wir haben, wenn wir unser Kind ansprechen. Sind wir der Meinung, wir haben die einzig wahre und richtige Meinung bzw. Perspektive? Oder interessiert es uns, wie unser Kind darüber denkt und sind wir generell bereit dazu, hinter sein Verhalten zu schauen und herauszufinden, warum es jetzt in diesem Moment nicht kooperieren will (oder kann)?

Gewaltfreie Kommunikation ist NICHT darauf ausgerichtet, dass deine Kinder plötzlich „funktionieren“ und alles tun, was du ihnen lieb und nett sagst. Nein, Gewaltfreie Kommunikation erhöht nur die Chance deutlich, dass deine Kinder lernen, dass alle Menschen gleich wichtig sind und es ein ständiges Geben und Nehmen ist.

Gewaltfreie Kommunikation ist mehr als eine Methode - auf die Haltung kommt es an.

Wie du Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern ab sofort in euren Alltag holst

Was mir anfangs sehr geholfen hat war vor allem, mal einen Moment länger zu schweigen, wenn meine Kinder etwas gesagt oder gemacht haben, was mir nicht gefiel. Ich habe diese Zeit genutzt um zu überlegen: 1. Was genau passiert da gerade – ganz objektiv gesehen -eigentlich? 2. Was genau hat das mit mir zu tun? Also warum stört es mich genau? 3. Was wünsche ich mir eigentlich? 4. Was könnte der gute Grund sein, warum mein Kind sich gerade so verhält?

Manches klärt sich dann schon allein. Bei anderem kann ich versuchen, mir die Haltung einer neugierigen Forschenden anzueignen. Ich kann mich außerdem fragen: „Wie würde ich jetzt einem erwachsenen Menschen gegenübertreten? Würde ich da auch hemmungslos urteilen, beschimpfen, vermuten, beschämen?“ Zudem kann ich lernen, aus Situationen, in denen bei mir die Gefühle hochkochen, rauszugehen. Entweder, in dem ich wirklich den Ort verlasse oder aber mich bewusst gedanklich in die Vogelperspektive begebe.

Sprich‘ außerdem so viel und so oft es geht mit deinen Kindern über Gefühle und Bedürfnisse. Natürlich altersgerecht und anfangs eher in Situationen, in denen alle entspannt sind. Einige Rituale dafür habe ich in diesem Text aufgeschrieben. Last but not least…

Ein Geschenk für dich! Damit dir der Start in die Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern leichter fällt

Damit du direkt in die Umsetzung kommst, haben wir speziell für Eltern und Kinder unsere Bedürfnis-Schatzkarte entwickelt. Dazu haben wir häufige Bedürfnisse zu einzelnen Inseln geclustert und diese jeweils mit einer Frage überschrieben, die eine Orientierung leicht macht. So kannst du – gemeinsam mit deinem Kind – verschiedene Bereiche abchecken und schauen, was dein Kind WIRKLICH braucht. Du kannst dir die Schatzkarte für 0 Euro direkt herunterladen. Zudem erhältst du per Mail Umsetzungsideen für den täglichen Gebrauch mit der Schatzkarte. Alles was nötig ist: Trage dich mit deinem Vornamen und deiner E-Mail-Adresse hier ein:

Birthe

Mama von Zwillingen und einer Großen, Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und Journalistin, lernt mit Begeisterung neue Dinge. Sie schwankt zwischen Freude und Verzweiflung über ihre lebendige Familie.

3 Comments

  • Liebe Birthe,

    ich finde, du gibst einen ganz tollen Einstieg in das Thema Gewaltfreie Kommunikation. Am Anfang benennst du wichtige Punkte, warum du glaubst, dass man auf deinem Artikel gestoßen ist und davon habe ich mich sehr angesprochen gefühlt.

    Diese Auflistung hat mir auch noch einmal gezeigt, warum ich mich überhaupt schon so lange mit Gewaltfreie Kommunikation befasse.

    Du schreibst Rosenberg hat gar nicht von 4 Schritten, sondern 4 Komponenten gesprochen und das gefällt mir, denn das bedeutet eben, dass ich als Praktizierender nicht unbedingt alle 4 Schritte anwenden muss.

    Zum Schmunzeln hat mich der Punkt gebracht, wo du schreibst:

    “Wenn du unkritische und folgsame Kinder willst, dann lass‘ lieber die Finger von der Gewaltfreien Kommunikation. 😉 Denn es stimmt zwar, dass die GFK die Verbindung und die Beziehung stärkt, doch das bedeutet keinesfalls, dass ihr in Zukunft weniger Konflikte habt oder dein Gegenüber nur noch freudestrahlend das tut, was du von ihm möchtest.”

    Und du hast mich damit zum Schmunzel gebracht, weil ich bei Seminaren immer wieder Teilnehmende erlebe, die mich fragen: “Und was mache ich, wenn er/sie dann >Nein< sagt?”

    Tja, was mache ich dann?

    Vielleicht noch einmal meine Intention überdenken?

    Du bringst in deinem Artikel, das Beispiel von den streitenden Kindern an und gibst hier die Empfehlung sich auch selbst zu äußern (Selbstmitteilung). Ich gehe da mit deinen Formulierungen vollkommen mit.

    Was mir ein wenig zu kurz kommt, ist der Aspekt der Empathie für die andere Seite. In deinem Beispiel bietest du als mögliche Variante für die Bitte Folgendes an:

    “Könnt ihr mir sagen, was ihr braucht, damit es weniger Streit gibt? Was ist dir wichtig (Kind 1 ansprechen) und was dir (Kind 2 ansprechen)?“

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder eine solche Form der Frage oft gar nicht beantworten können.

    Als Leser würde ich gerne wissen: Wie kann ich denn anders auf die beiden streitenden Kinder eingehen?

    Alles in allem finde ich, dass dein Artikel einen wunderbaren Einstieg in die Thematik bietet.

    Ich habe selbst einen sehr umfangreichen Artikel zur wertschätzenden und gewaltfreien Kommunikation geschrieben und gehe dabei genauer auf den Aspekt mit der Empathie für die andere Seite wie auch wichtige Grundannahmen ein.
    Ich denke, er ist eine gute Ergänzung zu deinem Artikel und ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich ihn dir hier verlinke.

    https://michael-taube.com/wertschaetzende-kommunikation

    Viele Grüße
    Michael Taube

    • Birthe sagt:

      Lieber Michael,
      vielen Dank für deinen Kommentar, den ich als sehr wertschätzend empfunden habe! Deine Ergänzung zum Thema Empathie kann ich voll und ganz nachvollziehen. An anderer Stelle schreibe ich darüber auch im Blog.
      Gleichzeitig ist mir auch sehr wichtig zu betonen, dass gerade in solchen Situationen, in denen ich selbst genervt bin (Thema Geschwisterstreit) es dann sehr schnell eine Art „Pseudo-Empathie wird – und Kinder spüren das schnelle! Zudem habe ich absolut die Erfahrung gemacht, dass (auch schon kleine Kinder) sehr wohl eine Idee davon haben, was sie in dem Moment brauchen. Nur manchmal passt uns Erwachsenen die Idee dann nicht. Oder sie ist eben nicht formuliert, wie die Giraffe sprechen würde, sondern als ein sehr wölfisches Urteil: „Ich will, dass der Doofi verschwindet!“. Da können wir dann wiederum Übersetzungsarbeit leisten und überlegen: Welches Bedürfnis steckt dahinter? Welche Strategien gibt es?

      Danke fürs Verlinken deines sehr umfangreichen Textes. Noch hatte ich nicht die Ruhe, diesen zu lesen.

      Liebe Grüße,
      Birthe

      • Danke Birthe. Ja, da bin ich ganz bei dir und kann dir da nur zustimmen. GFK „funktioniert“ nur, wenn man auch echt bleibt.

        Und ja, wir sind die Übersetzer:innen für unsere Kinder 🙂

        Liebe Grüße

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